Die Pfälzer sind ja landauf, landab als ein etwas sonderbarer Menschenschlag verschrien. Dies wird mir auch vom einzigen Menschen bestätigt den ich aus dieser Region kenne, der aber selber schlau genug war diesem depressiven Umfeld zu entfliehen und stattdessen lieber Dokumentarfilme über Unionfans zu drehen. Doch dazu später mehr. Jedenfalls können auch die ganzen Geschichten über wortkarge Schnauzbärte nichts daran ändern, dass der 1. FC Kaiserslautern im Allgemeinen und der „Betzenberg“ im Besonderen eine gewisse Faszination ausüben. Sicher wird es jetzt in Mainz oder Frankfurt oder Mannheim Stirnrunzeln geben, aber für den Rest der Republik wird das schon so ziemlich gelten. Für mich auf jeden Fall. Schon dass in das Stadion fast die Hälfte aller Einwohner der dazugehörigen Stadt passen, finde ich beachtlich. Und – ja ich weiß, in Aue passen fast ALLE Einwohner ins Stadion, aber Aue ist eben nicht Lautern.
Wie auch immer – die Fahrt in die Pfalz war jedenfalls natürlich fest gebucht. Mit Union auf dem Betzenberg zu spielen ist auf jeden Fall schon mal ne Ansage und so füllte sich auch unser RK-Neuner wie selbstverständlich ohne langes Rumfragen. Ick selber bin ja nun aus gewissen Gründen auch nicht mehr der regelmäßige Auswärtsfahrer vergangener Jahre, aber eine Sache habe ich in dieser Zeit wirklich überhaupt nicht vermisst: Am Wochenende mitten in der Nacht raus zu müssen, um sich an den Straßenrand zu stellen und auf das richtige Auto zu warten! Man, wie ätzend. Und dabei sind wir schon relativ spät losgefahren. Dennoch schmissen mich meine beiden Wecker um Viertel 4 aus der Koje. Gut dass ich zumindest DAS in gewisser Weise in den letzten Monaten ausgiebig üben konnte.
Shakehands am letztendlichen Treffpunkt, Umsteigen in das Reisegefährt und erst mal leicht enttäuschtes Umsehen. Hmm. Da habe ich aber mehr von nem Vito erwartet. Unbequeme Sitze, quasi keine Möglichkeit eine auch nur annähernd bequeme Schlummerhaltung einzunehmen – und ein Ganghebel, bei dem man froh sein konnte, dass man ihn nur brauchte um ihn auf D zu stellen. Was für ein Schrott. Aber letztendlich zählt der Preis der hinten rauskommt und der war für die klammen Taschen extrem fair. Doof bei ner Abfahrtzeit von 4 Uhr 45 ist natürlich, dass man relativ lange warten muss um sich das erste Bier aufzumachen – jedenfalls wenn man an seinem sozialen Status nichts nach unten korrigiert sehen möchte. So kaute ich zwangsläufig etwas missgelaunt auf den selbstgeschmierten Schrippen rum und war froh nach ner Weile (in einer Position die meinem Orthopäden die Tränen in die Augen treiben würde) dann doch irgendwie wegzuratzen. Jedenfalls kurz.
Apropos kurz, so kam mir übrigens auch die Fahrt insgesamt vor. Auf einmal standen wir nämlich schon auf einem Rastplatz mit der Skyline von Frankfurt im Rücken. Konnte also nicht mehr weit sein. Und tatsächlich dauerte es nur noch ne knappe Stunde und ohne große Vorankündigung stand man plötzlich im „Zentrum“ von Kaiserslautern. Zum Glück kann ich auf die großstädtische Arroganz diesmal verzichten, denn man hatte kaum Zeit sich über das „Zentrum“ so richtig zu amüsieren, denn man wird ja zwangsläufig sofort in den Bann gezogen von diesem Stadion, dass da über der Stadt schwebt. Früher, also als es von außen noch nicht aussah wie ein Hotel, war der Anblick sicherlich noch um einiges imposanter, aber für mich (bisher ja noch nicht so weit Rumgereisten) reichte es mit ein wenig Fantasie trotzdem. Nett. Sehr nett war auch das weitere Drumherum. Keine Cops zu sehen, dafür viele – sehr viele Menschen schon zu vorgerückter Stunde auf dem Weg zum Stadion, Menschen, die zwar meinetwegen keine kosmopolitische Schläue im Antlitz trugen, aber doch eine Gelassenheit und traditionelle Hingabe zu ihrem FCK präsentierten, die ich doch als sehr angenehm empfand. Habe da ja eher gerne ne klassische Fansicht und in dieser Hinsicht scheint die Zeit rund um den Betze dann doch stehen geblieben zu sein. Jedenfalls was ich so mitnahm.
Wir parkten nen Stückchen weg vom Stadion an nem Waldrand und begegneten gleich weiteren bekannten Gesichtern. Hier wurden uns dann so fragwürdige Angebote gemacht, wie dass wir unseren Fahrer (Reiseleiter Rüü) gegen den einzigen männlichen Teilnehmer einer ansonsten rein weiblichen Autobesatzung tauschen sollten. Nun weiß ich natürlich nicht ob es an den Damen oder an dem… ähm… „Herren“ lag – jedenfalls hatte es dieser offensichtlich vorgezogen sich die Fahrt nach Kaiserslautern schön zu trinken. Somit war der Deal natürlich schon geplatzt – wenn es nicht eh völlig ausgeschlossen wäre, dass wir Rüü gegen überhaupt irgendwen tauschen würden. Pah. Nicht mit Gold aufzuwiegen der Mann…
Aber ich schweife ab. Wollte ja noch erzählen wie ich mich noch schnell auf den Weg vom Betzenberg wieder runter in die Stadt machte, um eingangs erwähnten regionalen Auskenner zu treffen. Dies klappte dann auch nahezu perfekt im Timing – was leider auf andere geladene Gäste nicht zutraf, so dass wir zwangsläufig alleine bei nem ordentlichem Glas „Karlsberg“ saßen. Hier erfuhr ich dann dieses und jenes Interessante über den FCK, z.B. dass dieses ekelhafte weinrot nicht etwa einer abartigen Marketingidee entsprang, sondern dass genau das die traditionellen Farben des Vereins sind. Naja, kann man sich ja nicht immer aussuchen… Leider wurde es bald wieder Zeit für den Aufstieg, der mir tatsächlich auch relativ gut gelang – muss aber zugeben dass ich doch ganz schon gepumpt habe, als wir endlich vor dem Stadion standen. Naja, man wird nicht jünger. Dir Alex jedenfalls vielen Dank und alles Gute – wir sehen uns AdAF, ohne Berg… ;)
Dann schnell noch einmal ums halbe Stadion und schon war der richtige Block erreicht. Ohne übertriebene Leibeskontrolle, ohne großartige Fantrennung, ohne grimmig schauende Ordner und ohne Essen oder Getränke (fuckin paycard…) stand ich dann pünktlich im Block. Ja, hat was. Wie gesagt, früher war das Feeling sicher noch um einiges angenehmer, aber auch die letzten Veränderungen haben das Stadion nicht zu einem seelenlosen Klotz verhunzt. Muss ja auch mal gelobt werden. Die Sicht wurde lediglich durch ein olles Fangnetz getrübt, was natürlich Abzug bei der Assometer-Note gab - die letztendlich mit 2,7 aber einen extrem guten Wert erhielt. Absolut vorbildliche Behandlung der Gästefans! Da können sich so aufgeblasene Pissblaken wie Paderborn mal ne Scheibe von abschneiden. Auch ansonsten gute Optik und an sich tolle Akustik. Aber dazu am Ende mehr.
Jetzt erst mal zu Sport, der sich nämlich relativ schnell abhandeln lässt. 72. Minuten lang gab es nämlich von Union absoluten Antifußball zu sehen und von der Heimelf nur sehr unbeholfene Versuche, den dick angerührten Beton zu durchbrechen. Nun kann man sicherlich sagen das Endergebnis zählt, aber ich war schon etwas sauer. Mein Anspruch an den 1. FC Union ist es eigentlich nicht mitten in der Nacht aufzustehen, um dann nach stundenlanger Fahrt eine Mannschaft zu sehen, die sich minutenlang in der Defensive die Bälle zuschiebt! Klar würde ich auch nicht gerne mit ner Packung nach Hause fahren, aber NUR EIN TICK offener hätte man das Spiel ruhig gestalten können. Leider dauerte es wie gesagt bis zur 72. Minute, bis Rodnei endlich das Tor gelang, dass auch auf der Trainerbank des 1. FCU für hektische Bewegung sorgte. Und tatsächlich war es der eingewechselte Ede, der nur sechs Minuten später einen Ball ans Lattenkreuz der Lauterer nagelte, von wo der Ball seinen Weg zum nicht mehr wegspringen könnenden Lakic nahm, der seinen Namen dadurch in den Zeitungen dieses Landes wiederfinden kann – als Schütze des 1:1. Herzlichen Glückwunsch! Die Hausherren wirkten nun so dermaßen angeknockt, dass Uwe Neuhaus sogar fast noch eine Schippe drauf legen wollte, aber sein Wechsel Mattuschka > Dogan war in meinen Augen dann leider ein wenig zu halbherzig. Überraschenderweise hatten die Unioner durch Ede, Mosquera und vor allem Sahin den Tabellenführer in den letzten zehn Minuten zwar auch so noch dreimal am Rande einer Niederlage, mit etwas mehr Mut nach vorne wäre aber vielleicht wirklich die Sensation gelungen. Aber gut, bis zum Ausgleich wäre ich überhaupt froh gewesen hier nen Punkt mitzunehmen, von daher ist alles im Lot.
Zweischneidige Sache ist das Thema Stimmung. Bei den 1.500 Unionern (schade… wie viele wären wohl ohne SKY gefahren?) war alles im grünen Bereich, sehr schön das ganze Spiel durchgezogen und auch dem Team beim Auslaufen noch ein wenig Kurzweil geboten. Aber was war mit den „Roten Teufeln“? In der ersten Hälfte kam leider gar nichts und auch in der zweiten Hälfte wurde nur stellenweise angedeutet, was möglich wäre. Andererseits gab es aber auch einen Torjubel, den ich in diesem Land so laut noch nicht gehört habe. Vielleicht stand ich auch einfach nur günstig, aber dieser „Roooaaar“ schepperte doch gewaltig in meinen Ohren. In diesem Moment konnte man zumindest für ein paar Sekunden erahnen, was an dieser Stelle bei den einen oder anderen erfolgreichen Europapokalabenden los gewesen sein mag. Aber – auch am Betze muss eben an einem Tag alles passen, damit man akustisch nachhaltig geflasht wird. Und so ein Tag war zumindest am Sonnabend nicht.
So richtig glücklich kam auch das Intro nicht rüber. Von den Aufrufen „Bitte noch NICHT werfen“ mal ganz abgesehen, ist es optisch auch ne ungünstige Kombination rot-weiße Papierrollen auf rot-weißen Hintergrund zu werfen. Jedenfalls kam dabei auf der anderen Stadionseite visuell nur sehr wenig an.
Um dann aber auch mal langsam zum Ende zu kommen – wir stiegen leicht beschwingt vom Betze wieder runter. Klar eigentlich, wie sollte man auch nicht in der „Hölle“ bestehen, wenn man schon mehrfach in die Hölle musste? Da war dit am Sonnabend ja dann doch eher nur das „Wartezimmer zur Hölle“. Trotzdem wird der FCK den Sprung eine Liga höher locker nehmen. Wäre aber trotzdem schön wenn sich unsere Wege noch mal kreuzen könnten. Gibt sicherlich nen ganzen Arsch voll unangenehmerer Reiseziele.
Trotzdem ist es natürlich das allergrößte endlich wieder das eigene Stadtgebiet zu erreichen, was uns trotz ausgedehnter Pausen (z.B. bei BK zum Sportschau-kieken) auch noch am selben Tag gelang. Dabei nahm man sogar noch einen kleinen Umweg über „Atzenhain“ in Kauf – aber DAS Bild musste natürlich sein. Jetzt habe ich wirklich fast alles erlebt… ;) Einmal mehr ein Dank an die gesamte Belegschaft für diese außergewöhnlich nette Fahrt, auch wenn ick jetzt bestimmt wieder irgendwas vergessen habe zu fragen, oder so.




Eisern!