Ministerium spricht ein Machtwort
Bei Ralph Hirsch klingelte in der vergangenen Woche das Telefon. Jemand aus der Polizeidirektion Ost wollte den Sportdirektor von Dessau-Roßlau unbedingt sprechen. Mehr noch.
Die Polizei legte ihr Veto gegen ein Fußballspiel ein, das in der Muldestadt ausgetragen werden soll: das Erstrunden-Duell im DFB Pokal zwischen dem Halleschen FC und Eintracht Frankfurt am Wochenende um den 29. Juli. "Es wurden Bedenken angemeldet", nennt es Hirsch diplomatisch.
Die Bedenken haben einen handfesten Hintergrund. Die Polizei befürchtet massive Ausschreitungen und sah sich erst einmal nicht nicht in der Lage, in Dessau-Roßlau die Sicherheit aller Zuschauer zu gewährleisten. Denn zu den Fans von Eintracht Frankfurt zählen zahlreiche unverbesserliche Chaoten. In der vergangenen Saison, als die Eintracht noch in der ersten Bundesliga kickte, gab es regelmäßig Ärger, und die Eintracht-Ultras feierten sich nach dem Abstieg sogar noch frech als "Randalemeister 2011". Auch das Umfeld des HFC ist nicht frei von Problem-Fans. Da droht Krawall. "Es wird sicherlich problematisch, und wenn sich aus Frankfurt 100 Hooligans ankündigen, muss man sich natürlich überlegen, ob es überhaupt geht, das Spiel hier auszutragen", sagt Ralph Hirsch. Zugleich steht er zu seiner Zusage: "Wir wollen den Halleschen FC unterstützen. Ich rechne mit etwa 14 000 Zuschauern und freue mich eigentlich auf eine stimmungsvolle Kulisse."
Beim Regionalligisten hat man von den Polizeibedenken gehört. "Wir wollen gern in Dessau spielen und wären froh, wenn es dafür grünes Licht gibt", sagt Vizepräsident Jörg Sitte. "Der DFB und Dessau stehen an unserer Seite", weiß er. Mittlerweile kann Sitte auch das Innenministerium des Landes zu den Mitstreitern in eigener Sache zählen. Dort werden die Bedenken der Polizei zwar ernst genommen. Dennoch gab es gestern ein Machtwort. "Es steht nicht zur Debatte, dass das Spiel nicht in Sachsen-Anhalt stattfindet. Es findet in Sachsen-Anhalt statt, wenn es der DFB wünscht", sagte Anke Reppin, die Sprecherin des Innenministeriums.
Der DFB wünscht es. Als Austragungsort werde auch Dessau-Roßlau ins Auge gefasst, "und es steht außer Frage, dass die Polizei in Sachsen-Anhalt in der Lage ist, auch dort das Spiel abzusichern. Alles andere wäre eine Provinzposse." Basta. Das heißt: Sachsen-Anhalt will sich keine Blöße geben und vor möglichen Problemen kapitulieren.
Eine Ausweichmöglichkeit hat der Hallesche FC auch kaum. Das neue Stadion in Halle ist bis Ende Juli nicht fertig. Die Ausweichspielstätte in Neustadt erfüllt nicht die Sicherheitsanforderungen. Magdeburg kommt wegen der Rivalität mit dem 1. FCM schon gar nicht in Frage, das Stadion wäre den Hallensern und ihren Fans nicht zumutbar. Es würde den Stolz verletzen. In Leipzig zu spielen, so wie die beiden ersten Pokal-Runden in der Vorsaison, wird terminlich beinahe unmöglich. Diesmal ist RB Leipzig in der ersten Hauptrunde dabei und empfängt daheim den VfL Wolfsburg. Zur Not müssten die zwei Spiele innerhalb von drei Tagen - über diesen Zeitraum erstreckt sich die erste Runde wegen des TV-Vertrags - über die Bühne gehen. "Wir haben keinen Plan B und wollen nicht nach Leipzig", sagt Jörg Sitte.
Zumal Leipzig richtig teuer ist. Dort zu kicken, kostete den HFC pro Spiel geschätzte 30 000 Euro Miete plus die Aufwendungen für den Sicherheits- und Ordnerdienst. Dessau wäre für viel weniger zu haben. Der Landes-Fußballverband zahlte für sein Pokalfinale im Dessauer Greifzu-Stadion, das der HFC 2:0 am 17. Mai gegen Grün-Weiß Piesteritz gewann, nicht einmal 5 000 Euro. Die Sicherheitskosten bei diesem pflegeleichten Duell fielen dazu kaum ins Gewicht.
mz-web.de