Mal so als Frage in den Raum gestellt: Welche Mannschaft-Sportarten haben denn einen hohen Anteil an Spielern mit Migrationshintergrund? Naaa? wem fällt eine ein? Richtig...
Eishockey klammer ich mal aus, weil dafür in Deustchland gar keine flächendeckende Infrastruktur besteht und die - überspitzt formuliert - bayrischen Eishockey-Dörfer nunmal kaum Migrantenanteil im Ort haben. Basketball war vor 15-20 Jahren mal ein relativ gutes Beispiel für Integration - heute ist dem aber auch nicht mehr so. Handball war in Deutschland schon immer ein "deutscher Sport". Volleyball? Hockey? Keine Idee?
Nein, Fußball ist heutzutage tatsächlich der Sport, in dem Integration am besten funktioniert. Was aber einzig und allein an der Tatsache liegt, dass Fußball der einzige Mannschaftssport ist, der in Deutschland funktioniert. Fußball ist hip, Fußball ist omnipräsent und in weiten Teilen des Landes interessiert sich auch kaum einer für anderen Sport als Fußball. Logischerweise landen dann sowohl "blutnahe" deutsche Kinder als auch Kids mit Migrationshintergrund einzig und allein bei diesem Sport, von dem sie 24/7 beschallt werden. Egal ob KmMH dann bei Clubs wie Türkspor, Italia, Maccabi XY landen oder eben bei den alteingesessenen Vereinen für Bewegungsspiele. Sie spielen Fußball. Sie haben ja oftmals gar keine andere Chance auf anderen Sport. Könnte man ja eigentlich als Komplett-Integration bezeichnen. Denn urdeutscher kann man ja nicht werden.
Der angesprochene Fakt ist also richtig. Die Schlussfolgerung allerdings falsch. Und auch der unterschwellige Vorwurf, viele neubeisterte Handball-Zuschauer würden auch deswegen einschalten, weil dort eben Finn, Andreas und Steffen auf dem Platz stehen und nicht Mesut, Jerome, Shkodran und Miroslav ist Quark. Aber glaubt jemand ernsthaft, es wäre das Anliegen des Autors gewesen, eine solch wirre These aufzustellen? Oder wollte er auf etwas anderes hinaus? Vielleicht einfach nur warnen, dass die neuentdeckte Handball-Leidenschaft nicht solch deutschtümelnde Züge annehmen sollte, wie sie im Fußball Gang und Gebe sind...
Mal ernsthaft... Wer kennt das nicht? Wer kann sich nicht an die vielen Sätze 2006 nach dem Halbfinale gegen Italien erinnern, "jetzt würde man nicht mehr zu seinem Italiener gehen"? Wer hat noch nicht die völlig schwachsinnige Diskussion geführt, ob das Nicht-Singen der deutschen Nationalhymne vor Länderspielen jetzt zeige, dass diese Spieler nicht voll integriert sind? Gab es ´nicht auch hier am Stammtisch schon Beschwerden, dass der Anteil von KmMH in den Nachwuchs-Leistungszentren der Clubs sehr hoch wäre (und die dann noch die Frechheit haben, nicht für Deutschland zu spielen). Wurde auf der anderen Seite einem Mesut Özil nicht vorgeworfen, er hätte mit seiner Wahl für die Deutsche Nationalmannschaft eine reine finanzielle Entscheidung getroffen? Wer kennt aus seinem Bekanntenkreis bei Länderspielen nicht beim Anblick der Nationalmannschaft solch "witzige" Bemerkungen wie "so ne richtige 'deutsche Mannschaft' wäre das ja eigentlich nicht"? Hat man sich vieler Orts nicht massiv gefreut, wenn die türkische Nationalmannschaft ein großes Turnier verpasst (Stichwort: Danke Schweiz!) Ist alles nicht so schlimm, oder? Werden Leute, die solche Reden kritisieren nicht permannent als Gutmenschen oder als deutschenfeindlich hingestellt?
Nein, der Weg vom Patriotismus zur Deutschtümelei zum Nationalismus ist gar nicht so weit, wie viele das glauben. Im Fußball wird er von so manchem bereits gegangen... In anderen Sportarten braucht es das nicht. Schon garnicht in der zweiten Sportart, die in Deutschland flächendeckend gespielt werden kann und in der das Publikum (meiner Erfahrung nach) relativ alt und konservativ ist. Da kann so ein Kommentar gar nicht so schlimm sein. Auch wenn er - Stand heute - natürlich nicht die Realität in dieser Sportart beschreibt.