Projekt HFC schlägt RB
erstellt 20.05.12, 22:19h, aktualisiert 20.05.12, 22:40h
Ganz ehrlich, ja. Irgendwann im stillen Kämmerlein erwischt man sich für einen Moment mit Häme. Der Hallesche FC ist in die dritte Liga aufgestiegen und hat dies mit einem 0:0 gegen RB Leipzig perfekt gemacht. Was für ein symbolträchtiger Moment! Ausgerechnet gegen den Krösus, gegen das Millionenprojekt Rasenballsport, gegen den scheinbar übermächtigen Gegner gelingt der größte Coup im halleschen Fußball seit 20 Jahren.
Trotzdem: Häme ist unangebracht. Und zwar aus zweierlei Gründen. Erstens: Der Ost-Fußball klagt seit Jahren darüber, in wirtschaftlich schwachen Regionen kein ausreichendes finanzielles, sponsoringbasiertes Fundament aufbauen zu können. Darin steckt ganz viel Wahrheit. Doch wer sich darüber beschwert, kann - bei aller Liebe zur Fußball-Tradition - nicht zugleich über das Projekt RB Leipzig schimpfen.
Zweitens: Aus dem Aufstieg des HFC zieht sich eine Lehre, die für den Fußball im Allgemeinen beispielhaft ist. Kein Profi-Verein in den neuen Bundesländern ist von einer solchen strukturellen Stärke getragen wie der Hallesche FC. Seit zehn Jahren ist das Präsidium - Präsident Michael Schädlich und seine Mitstreiter Jörg Sitte und Ralph Kühne - im Amt. Stück für Stück haben sie dem Verein ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept verpasst. Und sie haben mit Sven Köhler einen Trainer geholt, dem sie auf bemerkenswerte Weise dieselbe Zeit gegeben haben, ein sportliches Konzept zu entwickeln und auch umzusetzen. Fünf Jahre ist Köhler im Amt. Und er hat das Team systematisch besser gemacht und zudem bewiesen, wie man eigene Junioren in den Profifußball führen kann.
Also weg mit der Häme. Ganz sachlich: Dieser Aufstieg ist nicht nur ein sportlicher Erfolg, sondern der eines systematischen Aufbaus eines Vereins. Genau deshalb kann das Projekt RB vom Projekt HFC ganz, ganz viel lernen.
Gleichwohl kommt nun auch für den HFC die nächste Stufe. Die große Herausforderung wird sein, dieses Klima der Kontinuität in der dritten Liga zu halten. Wenn die Mannschaft sportlich nicht mehr von der Tabellenspitze grüßt, stellt sich manches anders dar. Vereinsintern, aber auch von außen. In der Betrachtung der Medien, aber auch im Auge der Fans.
Die waren in dieser Saison ein echter Stützpfeiler. Der Platzsturm im Vorbereitungsspiel gegen Kassel und die Pyrotechnik bei den Spielen in Kiel sowie am Samstag nach Abpfiff sollen nicht verschwiegen sein. Doch unstrittig ist, dass auf den Tribünen eine neue Fan-Kultur gewachsen ist, die sich auf die Unterstützung der Mannschaft konzentriert.
Genauso wie das vereinsinterne Klima werden auch die Fans im Fokus stehen, wenn es in Zukunft nicht mehr Sieg um Sieg zu feiern gibt. Es kommt die Saison, in der sich zeigt, ob der HFC und sein Umfeld erwachsen geworden sind.
Stand heute darf man sagen: Es gibt gute Gründe, das anzunehmen. Herzlichen Glückwunsch dem HFC!
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