Nun, Westfalia Herne verschenkt heute zwar keine Freikarten mehr, aber ich nehme mich dieses alten Themas einmal aus gegebenem Anlass an.
Gestern Nachmittag war ich bei bestem Fußballwetter mal wieder zu Gast im Schloß Strünkede. Von der Wohnung meiner Freundin in Bochum aus ist es nur ein kurzes Stück Weg bis dorthin (Zum VfL oben an der Castroper könnte ich sogar zu Fuß gehen, aber die spielten ja in Cottbus.) Auf meinem "Stammparkplatz" abgestellt (wie oft war ich wohl schon bei SC Westfalia? Fünfzehn, zwanzigmal? Ich weiß es nicht mehr.), Ein kurzes Telefonat um eine Audienz beim "Earl of Baukau" zu erlangen, dieser erwartete mich schon gleich mit einer Karte am Stadioneingang. Beim zweiten Pils (DAB, zwar frisch gezapft, aber wenig Kohlensäure! Dicke Abzüge!) ein Blick ins Rund - und verdutzte Gesichter sehen sich an! Wer erwartet denn unter 200 Fans an einem Sonntagnachmittag in Herne gleich drei bekannte Lilienfans? Bzw. umgekehrt einen Siegener?
Nach kurzer Zeit stand man beisammen und tauschte sich über alles aus, was man sich so an einem Fußballwochenende zu erzählen hat. Dabei konnten unsere Lilien immerhin drei Tore mehr sehen als einen Tag zuvor in der Roten Erde, als man dem Mitkonkurrenten im Abstiegskampf dank der eigenen Harmlosigkeit die Punkte überlassen musste. Die Sympathien lagen eindeutig beim Heimverein, was sicherlich an der Farbgebung der Trikots lag. Auch eine relative Unkenntnis über den Gegner, die man dank Mithilfe anderer Foristen zumindest zu lokalisieren wusste, mag dazu beigetragen haben.
(Offener Wettbewerb für alle: Wer kann ohne zu googlen, sagen, aus welcher Stadt der TuS Dornberg kommt? Keine Sorge, es ist keine Schande dies nicht zu wissen!
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Fußball gespielt wurde auch, das Ganze nannte sich Abstiegskampf. Westfalia Herne derzeit auf dem vorletzten Tabellenplatz der Oberliga Westfalen, die Gäste aus Dornberg vor den Abstiegsplätzen, drei Punkte besser gestellt, aber auch mit drei Spielen mehr. Das da keine Fußballfeinkost zu erwarten war, stand von Vornherein fest.
Dornberg ging nach einer halben Stunde in Führung, die Defensive der Hausherren stand freundlich Spalier. Gleich nach der Pause der Ausgleich, diesmal bedingt durch einen kapitalen Torwartfehler der Gäste. Eine Viertelstunde später gingen diese wiederum in Führung, welche aber nur fünf Minuten später durch eine energische Einzelaktion ausgeglichen wurde. Dornberg hatte noch einen Pfostentreffer, war meines Erachtens auch die insgesamt aktivere Mannschaft. Einer der berühmten Punkte, der beiden nicht wirklich weiterhilft. Andererseits auch kein Wunder, wurde die Begegnung doch von beiden Vereinen zuvor zum "wichtigsten Spiel der Saison" hochstilisiert.
Meines Erachtens eine der größten Deppenphrasen, welche die Fußballersprache bis heute hervorgebracht hat!
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Das wichtigste Spiel der Saison wollten, wie bereits erwähnt, knapp 200 Besucher sehen. Immerhin waren während des Spiels immer wieder Gesang und Rufe zu hören, ich habe weit besser besuchte Begegnungen in höheren Ligen miterlebt, wo deutlich weniger zu hören war. Irgendwie geht mir immer noch das Herz auf, wenn ich das gute, alte "West-, West,- Westfalia!" angestimmt höre!
Es ist heute kaum noch vorstellbar, dass dieser Verein einmal eine der aktivsten Hauertruppen des gesamten Ruhrgebiets hatte. Eine der heftigsten Auseinandersetzungen, welche ich selbst jemals miterlebt hatte, fand einmal rings um ein Westfalenpokalspiel meiner Sportfreunde gegen die Westfalia statt. Früher kamen die auswärts mit mehr Gästen als inzwischen Heimzuschauern zu Vereinen im Sauerland oder Märkischen Kreis, zerlegten dort erst einmal die Anlagen, und sorgten für größtmögliche Nervosität bei Polizisten und Ordnungsdiensten. An einem solch sonnigen Nachmittag im praktisch leeren Schloß Strünkede kommt es mir selbst regelrecht unwirklich vor, dort einmal in längst vergangenen Zeiten von Westfaliafans um die Anlage gejagt worden zu sein.
Wenn ich mir die neuen Arenen mit ihrer leblosen Einheitsarchitektur und häufig dem dazu passenden Publikum anschaue, dann ist ein Besuch bei einem Verein wie Westfalia Herne wie das Anschauen alter Fotos. Man denkt "bin ich damals echt so rumgelaufen?" und weiß gleichzeitig, dass man bei einigen der schönsten Ereignisse des eigenen Lebens so ausgesehen hat. Westfalia Herne ist einfach so wunderbar oldschool, dabei gleichzeitig immer kurz davor, dem höherklassigen Fußball dauerhaft Lebewohl zu sagen, dass es mich geradezu wehmütig macht. Ein deutlicher Kontrast zu dem, was Kogo als Nachbetrachtung zum Spiel Union - Dynamo geschrieben hat, wo ein Spiel von Eventtouristen geradezu entdeckt worden ist und ein schlechtes Spiel vor ausverkauften Rängen stattfindet.
Ihr Lilien, es hat mich unheimlich gefreut, Euch getroffen zu haben! Und gleichzeitig fällt mir um so mehr auf, wie lang es her ist, seit ich zuletzt am Bölle war. Ein herzlicher Dank auch noch mal an alle, die mir während des Spiels ihre Grüße schickten!
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