Pilz: Kein Coming-out als Aktiver
Gunter Pilz arbeitete bis 2010 an der Universität Hannover
(Copyright: getty)
Der renommierte Fanforscher Gunter A. Pilz (69) würde aktiven Fußball-Profis nicht zu einem Coming-out raten. Eine solche Empfehlung "könnte ich guten Gewissens nicht geben", sagte Pilz:
"Schließlich muss der Spieler hinterher die Konsequenzen tragen. Es ist und bleibt eine private Entscheidung, die jeder für sich allein treffen muss."
Die Gesetze in Deutschland seien liberaler als "die Gedanken in den Köpfen der Menschen. Eine große Kirche in Deutschland sieht Homosexualität weiter als Sünde an", sagte der Soziologe:
"Niemand weiß, wie ein Stadion voller Fans auf einen bekennenden schwulen Fußball-Profi reagieren würde. Es kann gut ausgehen, es kann aber auch schiefgehen. Viele Menschen geben sich nach außen offen, sind dann aber erschrocken, wenn sie zwei Männer beim Schmusen sehen."
Der früherer Nationalspieler Thomas Hitzlsperger hatte sich ein halbes Jahr nach Karriereende am Mittwoch als erster prominenter Fußballer in Deutschland überraschend zu seiner Homosexualität bekannt.
"Ich bin erfreut über sein Bekenntnis und bewundere seinen Mut", sagte Pilz, "aber es bleibt ein Wermutstropfen, dass er sich erst nach seiner Karriere dazu entschlossen hat. Trotzdem: Es ist ein weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr Normalität im Umgang mit dem Thema Homosexualität im Fußball."
Trotzdem sei "Homophobie unter Fußball-Fans immer noch weit verbreitet - auch wenn immer mehr schwule Fan-Klubs in den Kurven akzeptiert werden", sagte Pilz, der an der Universität Hannover zum Thema Fankulturen forscht.
Es gäbe "genügend Beispiele, dass angebliche Schwächen nach Ansicht vieler Fans auf dem Fußballplatz nichts zu suchen und Beschimpfungen zur Folge haben." Das Outing eines Profis könnte dazu benutzt werden, "um die gegnerische Mannschaft auf das Übelste zu diffamieren."
sport 1