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AutorThema: St. Pauli - Union  (Gelesen 171 mal)

Offline suk

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St. Pauli - Union
« am: 01. Dezember 2009, 20:50:57 »
Der Dank geht einmal mehr an Holger (Eiserner Messias)!

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Beginnen wir diesen Gastbericht ausnahmsweise mal mit einem Blick in die Vergangenheit. Wir schreiben den 15. November 2009. Es ist Sonntag. Sieben Uhr. Mein Wecker klingelt. Der 1.FC Union Berlin bittet zum Sonntagsspaziergang in den Köpenicker Forst und versüßt diesen schönen Herbstausflug mit der Option auf einen Eintrittskartenkauf. Der FC St. Pauli, kommerzialisierter Totenkopf-Corporate-Identity-Club aus Hamburg, hat seines Zeichens spontan ein paar Bagger über die alte Haupttribüne rollen lassen und kann seinen Gästen aufgrund dessen dieses Jahr lediglich 1919 Eintrittskarten zukommen lassen. Könnte also knapp werden, denkt sich da der geneigte Auswärtsfahrer und beschließt, bereits um 8.00 im Wald zu sein. Eine Stunde vor Verkaufsstart. Weil da dann bestimmt noch nichts los ist und man sein Ticket schnell in den Händen hält, um den Rest des Sonntags anderweitig und andernorts verbringen zu können - wirklich bedauerlich, dass ich die Beklopptheit der Unioner immer wieder unterschätze. Denn, wie sich alsbald herausstellen sollte, hatte ich die grandiose Idee mit dem Früherkommen definitiv nicht exklusiv. Nicht weniger als 1500 Menschen bildeten zum Zeitpunkt meines Eintreffens bereits eine recht imposante Schlange, deren Ende dort zu verorten sei, “wo keena mehr steht”, wie mir ein freundlicher Ordner versichern konnte. Also, hinten anstellen, zum Fußballgott beten, dass noch eine Karte für mich abfällt und Geduld haben. Um die Geschichte ein wenig abzukürzen: 5 kurzweilige Stunden und 15 wie im Fluge vergangene Minuten später hielt ich die glücksverheißende Karte in den Händen. Sitzplatz für 26 Euro, die braune Plastikschale als Mitbringsel wohl inklusive.

Noch genau 2 Wochen Zeit bis zum Anpfiff. Ich habe eine Karte. Ich bin dabei. Aufatmen. Aber noch ist es nicht soweit, dass man sich auf die faule Haut legen könnte. Denn, was ist schwerer, als eine Karte für diesen Auswärtskick aufzutreiben? Richtig. Eine zweite. Also mal für seinen Mitfahrer die Beziehungen spielen lassen. Für jemanden, der sich nach einem 0:0 gegen den SC Verl mit dem Unionvirus infiziert, kann man sich schon mal den Hintern aufreißen. Die Connections zu Doping-Kontrolleuren des FC St. Pauli sowie der über drei Ecken entstandene Kontakt zu dubiosen Vorstandsmitgliedern des Kiezclubs erweisen sich als wenig hilfreich und auch der “gute alte Kumpel” aus Hamburg erklärt einem über StudiVZ, dass er seit 3 Jahren in Flensburg wohnt und daher NICHT den Vorverkauf in Hamburg für einen nutzen können wird. Ärgerlich. So kam es, dass der Infizierte seinen Grad der Erkrankung durch einen Ticketkauf bei Ebay noch einmal unter Beweis stellen durfte. 65 Ocken für’n Stehplatz im Pauli-Block. Meinen Respekt hast du.

Und dann ging es auch schon nach Hamburg, wo die nächste Hürde darauf wartete, von uns übersprungen zu werden. Am Stadion angekommen verspürte der 65-Euro-Mann eine gewisse Unlust, sich zu den Paulianern zu begeben und heimlich in der Hosentasche zu jubeln. Zu diesem Zeitpunkt konnte man ja noch von der eventuellen Möglichkeit ausgehen, im weiteren Verlauf des Tages jubeln zu dürfen. Gästeblockstürmung ohne gültige Eintrittskarte lautete also die zu lösende Mission. Klappte in Magdeburg, klappte in Erfurt, sollte dann doch bitteschön auch dieses Mal klappen. Also mal wieder den Eulenrundumblick geworfen und nach der verplantest ausschauenden Ordnerin Ausschau gehalten. Alsbald hatten wir unser Opfer ausfindig gemacht: Dame im mittleren Alter, grenzwertig frisiert und mit diesen merkwürdig hellblau geschminkten Augenlidern, die man von 50-jährigen kennt, die irgendwie noch mal crazy wirken wollen. Genau die richtige also, die man mit belanglosen Fragen so lange ablenken konnte, bis der Pauliblockkarteninhaber passieren konnte. Läuft. Angesichts der zweiten Kartenkontrolle vorm überdachten Sitzplatzbereich strichen wir jedoch die Segel und entschieden uns für den luxuriösen Stehplatzsektor.

Gut, fassen wir den Prolog noch einmal zusammen: 315 Minuten im Wald stehen, 2 Wochen lang eine zweite Karte im Schweiße meines Angesichts auftreiben, eine Ordnerin betrügen und auf meine braune Souvenir-Sitzschale verzichten. Wozu das Ganze? Damit man nur 15 Minuten nach Anpfiff eigentlich wieder nach Hause hätte fahren können.

Denn zu diesem Zeitpunkt stand es auf der Stahlrohr- und Rummelbaustelle Millerntor bereits 2:0 für die Hausherren. Später sollte noch ein 3:0 fallen und eine zweite Halbzeit folgen, die man getrost auch einfach hätte weglassen können. Ich beschäftigte mich im Verlauf des Spiels dann einfach mit Astrakonsum und mit der Frage, warum sieben Ordner matschige Baustellenhügel bewachen. Außerdem gingen mir angesichts der durchwachsenden Stimmung folgende Fragestellungen durch den Kopf: Wie viele Unioner werden hier und heute wohl das erste Mal in dieser Saison auswärts mit dabei gewesen sein? Wie viele wird man in Bielefeld wiedersehen? Und warum hab ich dem Ebay-Bubi aus Thüringen bei der Kartenübergabe am Bahnhof nicht einfach meinen Burger ins Gesicht gedrückt, um anschließend mit der Eintrittskarte davon zu rennen? Die 65 Groschen hätte man sicherlich anders investieren können. Zum Beispiel in eine Memorialfahrt nach Verl, oder so. Sei’s drum.

Vielleicht liegt es daran, dass ich jetzt nicht so richtig wiedergeben kann, warum und wie es zu dem Endergebnis gekommen ist. Vielleicht auch an meiner äußerst bescheidenen Sicht am rechten Rand des Gästeblocks - hinter großen bunten Fahnen eingequetscht.

Ich trau mich trotzdem folgendes Resumee zu ziehen: Für mich wirkte das Match von den Spielanteilen her zunächst eigentlich ausgeglichen und St. Pauli gar nicht so bärenstark. Trotzdem stand es aufgrund der Abgezocktheit der Heimmannschaft blitzschnell 3:0 und im ganzen Spiel hatten wir nicht eine Torchance, die im Gedächtnis haften blieb. Verdienter kann man im Endeffekt nicht verlieren. Fertig. Wer an einem detaillierten Spielbericht interessiert ist, den verweise ich auf kicker.de oder ähnliches, wer wissen mag, wer wem wie oft an der Hose gezogen hat und wessen Harndrang in welcher Phase des Spiels am heftigsten war, der bemühe die Statistikdatenbank von bundesliga.de.

Ich persönlich werfe jetzt wie gewohnt einen Blick in die Zukunft. Oder in die Anderswelt, wie man ja neuerdings zu sagen pflegt. Und in welche Kategorie, wenn nicht in diese, passen wohl die Gurkenlutscher mit dem wohl hemdärmeligsten aller Trainer (okay, nach Paul Linz vielleicht...) im Gepäck? Eben! Pro 3 Punkte gegen das Brandenburger Paralleluniversum, pro ausverkauftes Haus!







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