So liebe Freunde der gepflegten, ästhetischen Körperertüchtigung, der Höhepunkt der Radsportsaison steht in 2 Wochen auf dem Programm und ich erlaube mir mal eine kleine Vorberichterstattung
StreckenverlaufDie Tour startet zum zweiten Mal in Folge im Ausland und zwar in Rotterdam. Nach dem Prolog geht es von dort im Uhrzeigersinn nach Belgien, über Brüssel, Spa und einige Kopfsteinpflasterkilometer, die von Paris-Roubaix bekannt sein sollten erst auf der dritten Etappe nach Frankreich. Uhrzeigersinn bedeutet, dass die Alpen vor den Pyrenäen dran sind, dort geht es am zweiten Tour-Wochenende 2x bei Bergankünften zur Sache. Eine davon ist der Traditions-Etappenort Morzine. Danach gibt’s einen Ruhentag und noch 2 weitere Alpenetappen, u.a. nach Gap. Zeit um Auszuruhen bleibt nicht wirklich, es geht auf drei mittelschweren Etappen u.a. durchs Zentralmassiv in die Pyrenäen. Diese feiern in diesem Jahr ihr 100jähriges Jubiläum bei der Grande Boucle und präsentieren sich mir den klassischen Bergankünften in Ax-3-Domaines und am Tourmalet (das erste Mal in der 100-jährigen Pyrenäen-Geschichte der Tour) gleich mal extra schwer, deshalb dürfen die Fahrer am Folgetag noch einmal über den Tourmalet radeln. Dazwischen dürfen die Fahrer noch auf zwei weiteren Pyrenäen-Etappen nach Pau und Luchon. Danach darf sich der Traditions-Etappenort Bordeaux evtl. noch mal über ne Sprintankunft freuen, bevor es am vorletzten Tag das einzige Zeitfahren der Rundfahrt geben wird. Das Gesamtklassement ist danach wohl abgeschlossen, es folgt die Tor d’Honneur auf den Champs Elysées.
Mit 4 Bergankünften präsentiert sich die Tour also in diesem Jahr sehr Kletterer-freundlich, auch wenn die attraktiven Ankünfte in Alpe d’Huez und am Mt. Ventoux beide fehlen (in den letzten Jahren gab’s die beiden ja immer im Wechsel). Das stört mich allerdings nicht wirklich, allerdings hätte ich mir ein Zeitfahren mehr gewünscht.
FavoritenAlberto Contador. Wer soll ihn schlagen? Am Berg eine Klasse für sich, im Zeitfahren höchstens von Spezialisten wie
Cancellara schlagbar. Ohne einen schlechten Tag, eine Verletzung, Krankheit oder einen selbstverschuldeten Einbruch sehe ich keine Chance, ihn zu schlagen. Sein Auftritt bei seiner Tour-Generalprobe, der Dauphine, war mit 2 Etappensiegen ebenfalls sehr souverän, auch wenn er sich dabei nur selten verausgabt hat. Bei der letzten Bergankunft konnte er den Gesamtsieger Brajkovic zwar nicht distanzieren, aber auch hier hat er imho nicht wirklich durchgezogen.
Am ehesten traue ich es dem Giro-Gewinner
Ivan Basso zu, der in diesem Frühjahr wieder gefahren ist, wie in besten Fuentes-Zeiten. Wobei sich natürlich Fragezeichen ob einer so guten Frühform auftun. Wahrscheinlich hat sich Basso in diesem Jahr auf den Giro konzentriert. Trotzdem sehe ich ihn weit vorne mit dabei. Nicht ganz vorn hingegen sehe ich
Cadel Evans. Der Australier fuhr zwar einen guten Giro mit Etappensieg und einigen Tagen in Rosa und gewann die Punktwertung, wurde aber am Berg mehrfach geschlagen. Auch
Alexander Winokourow fuhr dort einige Etappen in Rosa, er wird bei der Tour aber definitiv nicht gegen seinen Teamkollegen Contador fahren dürfen. Auf
Frank Schleck sollte man ebenso aufpassen, er fuhr zwar eine zurückhaltende Tour de Suisse ohne Podiumsplatzierungen – gewann diese Rundfahrt aber immerhin. Vom jüngeren Bruder
Andy Schleck hat man hingegen in diesem Jahr noch gar nichts gehört.
Bleibt noch der
Lance. Seine Saison war gekennzeichnet von kleinen Rückschlägen und Verletzungen, mehreren Stürzen und eher weniger guten Resultaten. Nach jedem Zeitfahren, wo er der Musik hinterherfuhr kamen zwar Einschätzungen wie „regennasse Piste“ und „vorsichtiges Rennen“, dass die Sieger dieser Rennen aber nicht bessere Bedingungen. Natürlich muss man mit ihm immer rechnen, aber ein solcher Husarenritt von einem 39-jährigen ?!? Ich melde mal leichte Zweifel an.
Sprinter Mark Cavendish steht natürlich ganz oben, auf der Favoritenliste der schnellen Männer. Auch wenn dessen Standing im Peloton momentan nicht das beste ist (so blockierten ihn bei der Tour de Suisse einige Teams demonstrativ vor dem Start einer Etappe). Ihm wird eine zu rüde und egoistische Fahrweise vorgeworfen. Die deutschen Sprinthoffnungen
Andre Greipel und
Heinrich Hausler konnten in diesem Jahr bereits einige Etappensiege feiern (u.a. beim Giro und bei der Tour de Suisse) aber es ist momentan sogar unsicher, ob z.B. Greipel bei der Tour überhaupt fahren darf. Urspünglich hatte ihm HTC Columbia dies zwar zugesagt, aber momentan scheint die Stimmung zu kippen, ob es gut wäre mit 2 Top-Sprintern in die Tour zu gehen. Auch
Tyler Farrar konnte beim Giro überzeugen.
Danilo Hondo ist übrigens bei Lampre untergekommen und fuhr beim Giro mehrfach knapp am Etappensieg vorbei. Er könnte für Lampre eine Doppelspitze mit
Aleesandro Petachi bilden.
Robbie McEwen ist immer ein Kandidat, auch wenn er langsam in die Jahre kommt und in dieser Saison noch nichts Großes auf der Haben-Seite hat.
Robert Hunter und
Oscar Freire haben in diesem Jahr ebenfalls schon Klassikersiege (Milan-San Remo) und etappensiege (Murcia-Rundfahrt) feiern können. Und auch
Tom Boonen sollte man auf der Rechnung haben.
Noch 12 Tage, dann geht’s ab... Ich freu mich...