Die Bhoys in der Europe League in Deutschland, dann noch in Hamburg – also endlich mal eine relativ kurze Anreise zu einem Spiel der Glasgow Celtics von 1888! Fast auf den Tag genau ein Jahr nach unserem Trip nach Aalborg (Celtic spielte dort in der Champions League und schied – natürlich – fristgerecht aus…) führte uns die Fahrt also in eine der schönsten norddeutschen Städte. Ich oute mich mal als Fan der Stadt – die Landungsbrücken, die Innenalster, das Hafengelände, Speicher und natürlich das Szeneviertel St. Pauli locken mich immer wieder an. Ich mag den Flair dort – immer ein gaaanz klein wenig angeschmuddelt, die Leute norddeutsch kodderschnauzig (liegt dem Berliner ja eh), die Szene ein wenig schräg… Mag ich, bei sowat fühl ick mich einfach wohl.
Knapp 10 Grad, der Himmel bedeckt, alles in allem unfreundliches (klar, norddeutsches) Wetter. Zu dritt per PKW unspektakulär gegen 13 Uhr in HH angekommen, fand man das Viertel um die Reeperbahn bereits komplett in grün-weißer Hand mit braunen Inselchen vor. Junge Junge, wat ging da ab, in jeder, also wirklich in JEDER Kaschemme saßen fröhlich feiernde und singende Celts. Wahnsinn! Das ist es, wat ick so mag an diesem Celtic- Flair – das Spiel beginnt für die Bhoys Stunden vorher und endet frühestens um Mitternacht, und das Liedgut scheint unendlich zu sein. Und alle, ja wirklich alle singen da in den Kneipen und Pubs mit. Irre, echt!
Allerdings knurrte uns erst mal der Magen, so dass wir uns auf die Suche nach Nahrungsmitteln, also nach FESTER Nahrung, begaben. Wir wurden auch fündig – Eingeborene empfahlen uns ein Steakhouse direkt an der Reeperbahn. Na ja, etwas skeptisch war ich schon – aber echt, Preis- Leistungs- Verhältnis war wirklich super! Das Essen zwischen 6,90 € und 11 €, die Menge exorbitant (nicht, dass dis MIR wichtig wäre, nein… ;-) ), also alles supi!
Nach dem lukullischen Intermezzo ging es zum Jolly Rogers, einer einschlägig bekannten Szenekneipe, zumindest wenn man aus einer bestimmten Szene kommt. Daneben dient sie auch noch als St. Pauli- Fankneipe und befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Millerntor. Entsprechend war auch die Frequentierung – gefühlte 10 000 grün-weiße und Paulianer standen VOR, ca. 80 Leute IN der Kneipe. Hilft nix – reingedrängelt (man ist ja schmal ) und mit großem HALLO die Siegener Jay Jay und Beorn vom fussballstammtisch.de IN und Paulchen von St. Pauli VOR der Kneipe begrüßt. Mehrere Flaschen ASTRA fielen uns natürlich zum Opfer, die Celtic- Charts wurden runter gesungen, und dann gings per PKW zur AOL- Arena oder wie dat Ding jetzt heißt. Ein paar Unsicherheiten bei der Parkplatzansteuerung nach dem Quälen durch die Stadt (Navi sagte 15 min von der Reeperbahn zur ARENA, Realzeit lag bei 45 Minuten…), und dann ging es die letzten Meter zu Fuß zur ARENA.
Der Einlass war recht zügig, die Security erstaunlich freundlich. Bin ich von unserem Gastspiel damals in der Regio beim HSV II gar nicht gewöhnt. Der Außenbereich der ARENA gefällt mir nach wie vor nicht – Beton über Beton, wirkt alles ausschließlich kalt und funktional. Nicht ein wenig Liebe zum Detail, keine persönliche Note, nix. Die Cateringstände 08/15, die Qualität der „Speisen“ passte sich dem an – die Krakauer war nur lauwarm, das Brötchen pappig. Den Rest probierte ich gar nicht erst, obwohl die Gulaschsuppe am Extrastand mich fast verleitet hätte. Also erst mal meinen Platz gesucht – Gegengerade, Block 3 C, Reihe 18, Sitz (*würg*) 1.
Die Sicht erstaunlich gut, obwohl wir die wirklich letzte Reihe hatten. Dies wiederum ein Glücksumstand – konnte ich so doch die kompletten 105 min stehen, ohne das mich von hinten ein „Zuschauer“ anpöbelte, dass ich mich gefälligst hinsetzen soll, er könne nix sehen, und schließlich hätte er bezahlt blablabla. Blieb mir erspart, so dass ich relaxt Fussi genießen konnte. Wir standen quasi diagonal zum Celticblock , der HSV- Ultras- Block war ein Stück rechts von uns.
Zum Support: das Stadion war mit 46000 ZS nicht ausverkauft. Auf schottischer Seite schätze ich mal 4000 Bhoys im Gästeblock und drum herum. Allerdings erstaunte mich, dass die Celts stimmungs- und gesangstechnisch das Stadion weitgehendst im Griff hatten. Von seiten des HSV maximal der Ultras- Block, der versuchte, Stimmung zu machen; allerdings war das Liedgut… - nun ja, eher bescheiden. „Hamburger Sportverein, Du stehst nie allein…“ der Marke „reim dich oder ich freß dich“ war eher grauenhaft denn mitreißend. Und 2/3 des Supports beschränkte sich auf „Glasgow Rangers“-, „fuck you Celtic, fuck you“- und „Scheiß St. Pauli“- Rufe. Sorry, HSV, dafür, dass Ihr als „zweitbeste Supporter der BL“ gelten sollt, war das einfach mal rein gar nix, da ist es bei Union bedeutend lauter – und vor allem einfallsreicher, obwohl wir ja nun auch nicht DIE Masse an Liedgut haben. Zu Recht geht der Punkt hier an den Celtic- Support, und dies wirklich nicht, weil ich ‘ne grün-weiße Brille auf hab… Die Gerade und die Gegengerade brachte es maximal auf ein wenig klatschen, kein Wunder, man hatte ja mehr damit zu tun, auf die ständigen Cateringverkäufer zu reagieren – erst alkfreier (!!) Punsch, dann Brezeln, und dann – Popcorn!!! Echt, da kamen Leute mit Popcorn rum, wie im Kino! „Schatz, was wollen wir heute Abend denn machen? Theater, Oper, Kino oder doch lieber HSV??“ Ick meine – dat geht doch gar nicht, Popcorn beim Fussi, dis is doch nur noch Event! Lieber Präsi des 1. FC Union Berlin e.V., SOLLTEN wir IRGENDWANN aus Versehen mal in die Eventliga aufsteigen MÜSSEN, dann verhindere so einen Scheiß – oder lass uns gaaanz schnell wieder absteigen. Das hat mit Fußball, wie ich es verstehe und liebe, nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun, das ist einfach nur noch räudig, echt…
Das Spiel hat der geneigte und interessierte Leser ja bestimmt selber gesehen. Der HSV verletzungsgeschwächt und nicht grade in Bestverfassung, scheiterte mit seinen wenigen Chancen an Zaluska, der für Boruc im Tor stand und einen überaus guten Tag erwischte. Celtic gut im Mittelfeld, allerdings absolut erschreckend im Angriff. Torgefährlichkeit gleich Null, ick hätte gerne JVoH und Nakamura zurück!! Auch das Wechselverhalten von Mowbray ist mir ein Buch mit sieben Siegeln, oder kann mir jemand erklären, warum er in der 59. Minute McGeady und McDonald raus nimmt, die beiden auffälligsten Spieler bei Celtic mit wenigstens ein wenig Vorwärtsdrang? Ick meine – hallo, Celtic hätte gewinnen MÜSSEN, will man denn noch eine Minimalchance auf europäischen Fußball diese Saison bewahren – nö, man spielt auf Halten… Fällt mir echt nix ein dazu…
Nun ja, es blieb beim 0-0. Langweilig war das Spiel jedenfalls nicht, und auch das drum herum auf St. Pauli war die Reise wert. Ein Freund der ARENA und auch des HSV wird ich wohl nicht mehr; was auch bleibt ist die Erkenntnis, dass sich offenbar der jeweilige Hamburger Verein den richtigen Kumpi in Glasgow gesucht hat… ;-)
Nun denn, dann verbleibe ich mal mit ‘nem fröhlichen Slainte! bis zum nächsten Spielbericht aus Glasgow im März – die Fahrt nach Wien werd ick mir wohl klemmen…
