Da ich Ende Juli, Anfang August dienstlich zwei Wochen in Polen war, habe ich versucht, die Gunst der Stunde zu nutzen und etwas in den polnischen Fussball hineinzuschnuppern. Insgesamt habe ich fünf Partien gesehen, dreimal Ekstraklasa, einmal 1. Liga, einmal 2. Liga bei denen in genau einer Partie die von mir gewünschte Mannschaft gewonnen hat. Da ich vermutlich die Spiele durcheinander bringen würde und auch nicht so der große Taktikfuchs bin würde ich mich mehr so allgemein äußern wollen.
Am Anfang steht bekanntlich der Kartenerwerb. Damit ist man auch schon beim spannendsten und uneinheitlichsten Punkt. Ich hatte zwar auf ein paar Groundhoppingseiten nach Infos gesucht, diese waren aber spärlich und offenbar nicht allgemein gültig:man muss sich mit Dokument eine karta kibica holen, das funktioniert aber online mit deutschen Dokumenten nicht immer, einige Klubs haben die Karte angeblich schon wieder abgeschafft… Der Link zu 90minut.pl war allerdings top!
Also war das Zauberwort Vorverkauf, die entsprechenden Stellen konnten mit Google Translator auch ganz gut ausfindig gemacht werden. Auch hier aber Unterschiede. Gornik hat einen Fanshop in der Stadt, Gliwice verkauft Tickets in einem Tabakladen in einem riesen Einkaufscenter (Europa Centralna), bei Wisla Krakov gibt es eine Fanzone mit Fliessbandabfertigung, richtig nett war die Stadionkneipe von Zaglebie Sosnowiec.In Rybnik begrüßten mich am Stadion irgendwelche überklebten Spielplakate, die so gar nicht zu meinem „Spielplan“ passten. Ich befürchtete schon, auch ein Opfer der wohl häufigen Terminverschiebungen im Spielplan zu werden. Als ich dann auf die Frage nach Tickets zu zwei jungen Damen in ein Büro geschickt wurde, blickten diese relativ verständnislos als ich Karten für Freitag haben wollte. Es klärte sich aber recht schnell auf, dass ich im Büro der Speedway-Abteilung gelandet war, wo es nur Karten für die Rennen am Sonntag gab.
Eine Registrierung mit Ausweis ist obligatorisch und kostet einmalig fünf oder zehn Zloty, karta kibica habe ich aber nur dreimal bekommen. Was mir nicht bewusst war ist, dass man die kk im Prinzip als Eintrittskarte verwendet, es wird immer das jeweilige Spiel „freigeschaltet“. Für Sammler von Papiertickets ist das größtenteils ziemlich desaströs, man bekommt zusätzlich nur einen Kassenbon auf dem der Sitzplatz steht. Bei Gliwice ist die eigentliche Karte ein Bon mit einem Strichcode.
Die Preise sind deutlich niedriger als bei uns, ich habe für meine Tribünenplätze zwischen 20 und 55 Zl bezahlt. (Umrechnung in €: durch vier teilen) Bier (wenn es welches gab) zwischen 5 und 7 Zl, Essen von 5 bis 10 Zl. Habe einmal einen Hamburger und einmal eine Bockwurst gegessen, beides nicht zu empfehlen. Das wissen offenbar auch die meisten Polen und kaufen sich vor dem Stadion lieber für 3 Zl ihr Tütchen Sloneczki(Sonnenblumenkerne). Damit beschäftigen sie sich dann 90 Minuten nonstop und verursachen dabei eine Sauerei, die die meines früheren Wellensittichs deutlich in den Schatten stellen.
Zeug mit in das Stadion zu nehmen ist offenbar kein Problem, ich habe Leute mit Rucksäcken und Plasteflaschen gesehen. Die Leibesvisitationen (immer von hinten) sind durchgängig lasch.
Den Großteil der Spiele fand ich recht ansehnlich, das Tempo war meist recht hoch. Man spielt sehr körperbetont, technisch gibt es sicher Steigerungsmöglichkeiten. Die Schiris lassen relativ viel laufen, es wird auch meist nur kurz gemeckert. Insel-Stil. Mag ich!!
Zum Publikum kann man verständlicherweise kaum allgemeingültiges sagen, der Anteil an aerodynamischen Frisuren und breiten Oberkörpern ist aber deutlich höher als hierzulande. Das gilt aber auch für das allgemeine Stadtbild, zumindest in Zabrze, wo ich die meiste Zeit verbracht habe. In den drei Erstligapartien gab es jeweils von Heimseite eine Choreo, zweimal davon mit Bengalos. Anzahl der Böller: insgesamt drei. Richtig Panne finde ich persönlich ja Lautsprecheranlagen für den Capo, die in Krakov ist genauso laut wie die des Stadionsprechers was durchaus verwirrend ist. Allerdings hat hier zugegebenermaßen das ganze Stadion nach Anpfiff und kurz vor Abpfiff am schönsten gesungen. Von den fünf Partien waren drei ohne Gästefans, ob Boykott oder Sperre ist mir nicht bekannt. Ich habe mein Polnisch in den zwei Wochen zwar etwa verdreifacht (von 6 auf 20 Wörter oder so) von den Sprechchören im Stadion aber natürlich nichts verstanden. Dass man hier die Benimmregeln wohl ab und an außer Acht lässt, leite ich mal von Durchsagen des Stadionsprechers immer nach einem bestimmten Gesang ab.
Ich selber durfte der Polizei vor einem Stadion erstmal zur grünen Minna folgen und wurde nach Kontrolle der Personalien wegen Alkoholtrinkens in der Öffentlichkeit verwarnt. „Next time you will be punished!“ „Dziekuje!“
Piast Gliwice - Gornik Zabrze 3:2 7000 Zuschauer

Zaglebie Sosnowiec - Wisla Plock 0:1 3080 Zuschauer

Wisla Krakow - Lech Poznan 2:0 13700 Zuschauer(15100 verkaufte Tickets) Finde leider keine Statistik, aber Lech hatte geschätzt 20 Ecken...

ROW 1964 Rybnik - Legionovia Legionowo (Scheiß Legionäre!!) 3:2 600 Zuschauer

Gornik Zabrze - Jagiellonia Bialystok (haben im selben Hotel übernachtet wie ich) 1:3 5500 Zuschauer
Nachdem Gornik wohl letztes Jahr nur mit einer alten Haupttribüne gespielt hat und auch die ersten drei Spiele alle auswärts hatte, war hier wohl erstmalig ein Teil des neuen Stadions geöffnet. Die Fans ahnten wohl schon was kommt, da sie sich bei 36 Grad ca. zehn Minuten unter einer schwarzen Blockfahne aufhielten...

