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AutorThema: Koblenz - Union  (Gelesen 162 mal)

Offline suk

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Koblenz - Union
« am: 27. September 2009, 23:20:19 »
Mich hat doch noch ein Bericht zum Spiel von letzter Woche erreicht. Wer ihn lesen mag:

Gastbericht von Holger (Eiserner Messias)

 Zu Beginn meines kleinen Gastberichtes möchte ich dem geneigten Leser einen kleinen Einblick in mein Privatleben gestatten. Folgender (verknappt dargestellter) Dialog trug sich in etwa Anfang August in der Wohnung des Gastautors zu: “Du Schatz, warst du schon mal in Koblenz?” - “Koblenz? Nein!” - “Wie wäre es denn mit einem schönen verlängerten Wochenende dort?” - “Was soll ich denn da?” - “Herrliche Landschaft, Moselschifffahrt, Wein trinken, Deutsches Eck und vielleicht Ausflüge nach Trier und zur Loreley?” - “Ja, warum eigentlich nicht...”. Dass an eben jenem Wochenende der 1.FC Wunderbar rein zufällig seine Zelte ebenfalls in Koblenz aufschlagen sollte, dürfte meiner Freundin auch ohne expliziten Hinweis darauf klar gewesen sein.
Nun bin ich leider kein Freund höherer Mathematik, was dazu führte, dass ich die Wahrscheinlichkeit, das Spiel würde an einem Freitagabend um 18.00 Uhr angesetzt, als relativ gering erachtete und daraufhin das Dienstleistungsunternehmen Ryanair damit beauftragte, uns am Samstag früh nach Frankfurt zu befördern. Und aus genau dieser Ortschaft drehten mir die greisen Herren der DFL einige Wochen später die lange Nase: Freitagabend, 18 Uhr, 460km von Berlin bis Koblenz - haha, nimm das, du Wicht.
Umdisponierungsphase. Urlaub nehmen. Hartmut Mehdorns Nachfolger die Taschen voll machen. Hotel umbuchen. Mehrausgaben in Höhe von 150,- €, Diskussion über fanunfreundliche Anstoßzeiten: müßig.

So schnell lässt sich ein Unioner nicht aus der Bahn werfen, wenn es darum geht, seinen Verein zu unterstützen. Gegen 16.00 Uhr erreichte ich als einziger rot-weißer inmitten von 50 Koblenzer U15-Ultras, die mich allerdings lobenswerter Weise komplett in Ruhe ließen, im Shuttlebus das Stadion Oberwerth. Erste Fotos wurden geschossen, erste Eindrücke gesammelt. Fast schon malerisch liegt das kleine Stadion in einem Tal, umrahmt von begrüntem Fels. Die Gegentribüne, ein widerwärtiges Stahlrohrkonstrukt, das eher an Kirmesboxen denn an Profifußball erinnert, zeugt davon, dass die Koblenzer Aufstiege für die Spielstätte ein wenig zu schnell kamen. Gleiches gilt für die kurvenförmig errichtete Hintertortribüne. Dafür versprüht die alte Haupttribüne mit ihren Holzbänken einen ganz besonderen Charme, der sich wohltuend von den modernen Multikomplex-Einheitsbauten abhebt. Insgesamt musste man jedoch nach Anpfiff schnell konstatieren, dass man sich in einem Stadion befindet, in dem keine Stimmung aufkommen kann. Die Laufbahn sorgt für eine gewisse Entfernung und der produzierte Lärm entweicht entweder Richtung Autobahn oder dem grünen Mount Kowelenz, nur auf dem Spielfeld kommt er mit definitiver Sicherheit nicht an. Dazu ist die Zahl der aktiven Heimfans verschwindend gering und zu allem Überfluss stehen die Jungs (vermutlich die, dich ich im Bus getroffen hatte) auch noch gefühlte 50km weit weg.

Möglicherweise ließen sich die weißgekleideten Unioner von dieser Dorfplatzatmosphäre (oder von der folkloristischen Hymne oder dem Koblenzer Wasserkopfmaskottchen) ein wenig einlullen, anders ist die äußerst bescheidene Leistung in den ersten 45 Minuten wohl nicht zu erklären. Um mal den Phrasenmäher zu machen: Koblenz aggressiver, leidenschaftlicher, mit einer ganz anderen Körpersprache, den Unionern richtig den Schneid abkaufend. Die frühe 1-0 Führung der Koblenzer fiel hochverdient, auch wenn der Schuss von Shefki Kuqi (der Mann, der in seiner finnischen (!) Heimat wohl nur Shefkyää Kuqiyää gerufen wird) unglücklich abgefälscht wurde. Im weiteren Verlauf der ersten Spielhälfte hätte Koblenz gut und gerne höher in Führung gehen können, doch der Koblenzer Stoßstürmer und Torschütze vergab zwei weitere Großchancen, während die Unioner zwar nach und nach die (Ball-)Kontrolle über das Spiel gewannen, selbst aber nur äußerst sporadisch, unkonzentriert und ungenau nach vorne spielten und so folgerichtig zu keiner nennenswerten Torgelegenheit kamen.

Dies sollte sich glücklicherweise in Hälfte zwei grundlegend ändern. Nicht einmal 10 Minuten hatte “Uns Uwe” gebraucht, um seinen Jungs einen Einlauf zu verpassen. Während sich die gut 350 mitgereisten noch an Bratwurst und bierähnlicher Flüssigkeit erfreuten, trotteten die 11 gleichen Herrschaften, die in den ersten 45 Minuten ihr Glück versuchten, bereits über den ansonsten noch verwaisten Rasen des Oberwerth. Später ließ Torsten Mattuschka, der zur Schlüsselfigur der zwoten Hälfte werden sollte, über die Berliner Presse verlauten, Neuhaus hätte ihnen mit auf den Weg gegeben, sie sollen Fußball spielen. Na, wenn’s doch bloß immer so einfach wäre, dann würde ich schon jetzt an dieser Stelle sagen: Spielt gegen Scheißahlen Fußball. Aber so richtig.

Aber der Reihe nach. Die Unioner erspielten sich in der Folge ein echtes Übergewicht und ließen Ball und Gegner laufen. Die Torchancen häuften sich: Schuss Mosqueira, Kopfball Benyamina, Freistoß von Mattuschka. Ich persönlich hatte das Gefühl, dass der Ausgleich nur eine Frage der Zeit war, da Koblenz selbst so gut wie gar nichts mehr für das Spiel tat, sich hinten einigelte und versuchte den knappen Vorsprung über die Zeit zu retten. Lediglich ein Mal brannte es lichterloh vor unserem Kasten, als abermals Kuqi den Ball aufgelegt bekam, im Strafraum aber den Wendekreis eines Siebzehntonners benötigte, ehe er denn Ball unter Kontrolle bekam. Einen Weitschuss von Everson fischte Glinker mustergültig aus dem Winkel, aber das war es auch schon mit der Koblenzer Konterherrlichkeit.

Und wir hatten zum Glück einen glänzend aufgelegten Mattuschka in unseren Reihen, der, nachdem sein erster Freistoß am Querbalken gelandet war, zum Glück einige Minuten später noch einen auf Tasche hatte: aus gut 18 Metern zauberte er dem Koblenzer Yelldell den Ausgleich in die Torwartecke. In den letzten 13 Minuten hätte Mattuschka mit einem herrlichen Schlenzer in die lange Ecke das Spiel fast noch gedreht und auch der eingewechselte Biran, dem ich es so richtig gegönnt hatte, konnte seine recht gute Einschusschance leider nicht nutzen. So blieb es am Ende beim 1-1 Remis, welches aufgrund der völlig verschlafenen ersten Hälfte wohl verdient zu nennen ist. Und, hey, wir sind noch immer ungeschlagen, da gibt es wohl keinen Grund unzufrieden zu sein...!

Bleibt abschließend zu sagen: Über den Rest des Wochenendes hülle ich den Mantel des Schweigens. So gut kennen wir uns noch nicht, dass ich euch einen weiteren Einblick in mein Privatleben gönne. Ansonsten Unioner: Spielt gegen Scheißahlen Fußball. Aber so richtig richtig.





Dank an Holger für Text und Bilder.
Eisern!
Was ist der Unterschied zwischen Rassismus und Chinesen?
Rassismus hat viele Gesichter...

Offline Beorn

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Antw:Koblenz - Union
« Antwort #1 am: 28. September 2009, 11:12:35 »
So schnell lässt sich ein Unioner nicht aus der Bahn werfen, wenn es darum geht, seinen Verein zu unterstützen. Gegen 16.00 Uhr erreichte ich als einziger rot-weißer inmitten von 50 Koblenzer U15-Ultras, die mich allerdings lobenswerter Weise komplett in Ruhe ließen, im Shuttlebus das Stadion Oberwerth. Erste Fotos wurden geschossen, erste Eindrücke gesammelt. Fast schon malerisch liegt das kleine Stadion in einem Tal, umrahmt von begrüntem Fels. Die Gegentribüne, ein widerwärtiges Stahlrohrkonstrukt, das eher an Kirmesboxen denn an Profifußball erinnert, zeugt davon, dass die Koblenzer Aufstiege für die Spielstätte ein wenig zu schnell kamen. Gleiches gilt für die kurvenförmig errichtete Hintertortribüne. Dafür versprüht die alte Haupttribüne mit ihren Holzbänken einen ganz besonderen Charme, der sich wohltuend von den modernen Multikomplex-Einheitsbauten abhebt. Insgesamt musste man jedoch nach Anpfiff schnell konstatieren, dass man sich in einem Stadion befindet, in dem keine Stimmung aufkommen kann. Die Laufbahn sorgt für eine gewisse Entfernung und der produzierte Lärm entweicht entweder Richtung Autobahn oder dem grünen Mount Kowelenz, nur auf dem Spielfeld kommt er mit definitiver Sicherheit nicht an. Dazu ist die Zahl der aktiven Heimfans verschwindend gering und zu allem Überfluss stehen die Jungs (vermutlich die, dich ich im Bus getroffen hatte) auch noch gefühlte 50km weit weg.
Sehr schön die Stimmung und das Stadion in Koblenz beschrieben. Wobei vor allem der Stimmungsaspekt so offensichtlich ist, dass es einfach kaum jemand geben kann, der es anders sieht. Die Koblenzer selbst eingeschlossen, die würden sicherlich größtenteils zustimmen.

Der Oberwerth war vor dem Umbau sicherlich auch schon kein Stimmungstempel, aber für mich war er ein charmantes Stadion, in dem ich das eine oder andere interessante Spiel abgehoppt und auch den einen oder anderen Stammtischler getroffen habe. Das war aber noch vor dem Umbau. Danach habe ich je einmal die Stahlrohrtribüne, welche einfach ein optisches Verbrechen ist, und die Hintertortribüne (auch nicht besser) ausprobiert und die Lust auf Fahrten zum Oberwerth mehr oder weniger verloren.

An dem Abend hätte ich sogar noch die Gelegenheit gehabt, mit zwei unserer Ultras zum Spiel zu fahren, aber glücklicherweise war ein Abend mit meiner Freundin eine mehr als gute Alternative. Aber so gut kennen wir uns noch nicht, dass ich euch einen weiteren Einblick in mein Privatleben gönne. [kicher]
"Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die jungen Leute hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe." (Keilschrifttext aus Babylon, um 2000 v. Chr.)