FuWo dazu:
Absurdes Kesseltreiben
Über den 1. FC Union sind unruhige Zeiten hereingebrochen. Ganz plötzlich und unvermittelt. Die Turbulenzen sind nicht durch aktuelle sportliche oder finanzielle Probleme entstanden. Es geht vielmehr um den Armeedienst, den der heute 46-järhige Klubchef Dirk Zingler ab April 1983 eim damaligen, der Stasi unterstehenden Wachregiment Feliks Dzierzynski abgeleistet hat.
Die drei Jahre, für die sich Zingler als 18-Jähriger in der DDR freiwillig verpflichtete, sind für einen Union-Präsidenten nicht unbedingt ein Vorzeige-Lebensabschnitt. Und vielleicht hätte Zingler vor diesem Hintergrund das Feindbild des "Stasi-Klubs" BFC Dynamo lieber ein wenig leister pflegen sollen. Doch das ist nebensächlich in der angeblichen "Stasi-Affäre" bei Union.
Bleiben wir bei den Fakten: Zingler war 1983 (wie auch Union-Geschäftsführer Oskar Kosch, der sich 1987 für das Wachregiment verpflichtete) ein junger Wehrdienstleistender. Einer, der nach eigenem Bekunden lieber in Berlin bleiben wollte. Das ging beim Wachregiment, weil es nicht zur Nationalen Volksarmee gehörte und deshalb trotz des für Berlin geltenden Vier-Mächte-Status ein Kommando in Adlershof unterhielt.
Inwieweit Zingler nun der DDR Loyalität entgegenbrachte oder nur den für ihn persönlich bequemeren Weg wählte, ist müßig und 2011 völlig unerheblich. Entschidend ist: Er war kein "Stasi-Mann", der andere bespitzelte. Und bis zum heutigen Tag liegt nichts wirklich Belastendes gegen ihn vor, das ihn als Präsidenten des 1. FC Union untragbar machen würde. Einen Brei anzurühren, in dem Zeitsoldaten und Küchenkräfte wahllos mit Denunzianten und bestialischen Verhöroffizieren vermischt werden, ist unredlich.
Für Zingler gibt es keinen Grund zum Rücktritt. Und bei Union wissen sie die enormen Verdienste ihres ehrenamtlichen Chefs zu schätzen. Zingler hat die Köpenicker von der Oberliga zurück in den Profifußball geführt und maßgeblich den Stadionbau mit mehr als 2000 freiwilligen Helfern vorangetrieben. Man kann dem Bauunternehmer vorwerfen, dass er drei Jahre seiner Vita nicht von sich aus offensiv erklärt hat. Die momentane Aufregung rechtfertigt das jedoch nicht.
Die öffentliche Diskussion um Zinglers Armeezeit hat sich verselbständigt, von einer ohnehin aufgebauschten "Enthüllung" zu einem absurden Kesseltreiben entwickelt. Dabei drängt sich die Frage auf, von wem und weshalb der Stein gerade jetzt ins Rollen gebracht wurde. Wird da etwa nachgetreten?