Das Turnen der Herren zählt bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen zu den Gründungssportarten und ist bis heute nicht aus dem Programm der Sommerspiele wegzudenken. Aus deutscher Sicht hätte der olympische Start kaum erfolgreicher verlaufen können: Die Berliner Carl Schuhmann im Pferdsprung, Hermann Weingärtner am Reck und Alfred Flatow am Barren tragen sich in die Siegerlisten ein. Insgesamt erringen die deutschen Turner in Athen neun Medaillen. Die Frauen feiern ihre Premiere 32 Jahre später bei den Spielen in Amsterdam 1928. Die erfolgreichste Einzelturnerin ist bis heute Larissa Latynina aus der damaligen UdSSR mit 18 Medaillen - darunter neun aus Gold. Ihr Landsmann Nikolai Andrianow gewinnt insgesamt 15 Medaillen, davon sieben goldene.
Turner und Turnerinnen sorgen in der Olympia-Geschichte immer wieder für unvergessene Leistungen. Unter den 20 erfolgreichsten Olympioniken aller Zeiten befinden sich acht Turner. Olga Korbut (UdSSR), der "Spatz von Minsk", avanciert mit dreimal Gold und einmal Silber zum absoluten Publikumsliebling 1972 in München. Vier Jahre später revolutioniert eine 14 Jahre alte Rumänin das Turnen: Nadja Comaneci erhält als erste Athletin die perfekte Wertung von 10,0. In Barcelona 1992 ist Witali Scherbo der überragende Athlet der Spiele. Der Weißrusse gewinnt sechs Mal Gold.
Als eigentlicher Begründer des Turnens gilt der Deutsche Friedrich Ludwig Jahn ("Turnvater Jahn"). 1811 führt er den Begriff "Turnen" ein. Für Jahn zählt nicht nur das Gerätturnen zur körperlichen Ertüchtigung. Unter seinen Begriff vom Turnen fallen auch gymnastische Freiübungen, Leichtathletik, Spiele, Schwimmen, Fechten, Ringen, Skilaufen, Wandern, Volkstanz und Singen. Jahn sieht das Turnen als Teil einer politischen, völkischen Bewegung und stellt es in den Dienst nationaler (preußischer) Interessen, die sich gegen die französische Besatzung richten. Jahns Bewegung findet großen Zulauf, muss aber 1819 einen folgenschweren Rückschlag hinnehmen. Die Karlsbader Beschlüsse zur Bekämpfung liberaler und nationaler Tendenzen bewirken die sogenannte Turnsperre. Die Aufhebung der Sperre erfolgt erst 1842. Während des Freiluftverbots verlagert sich das Turnen in die Halle, das Gerätturnen rückt in den Mittelpunkt. Im Land seines Gründers erfreut sich das Turnen noch immer großer Beliebtheit. Der Deutsche Turner Bund (DTB) ist mit mehr als fünf Millionen Mitgliedern nach dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) der zweitgrößte Sport-Dachverband in Deutschland.
Rhytmische Sportgymnastik
Bei der Rhythmischen Sportgymnastik zeigen die Gymnastinnen in Begleitung von Musik Übungen mit Reifen, Seil, Ball, Band oder Keule. Das Besondere: Jedes Jahr wird ein Gerät für zwei Jahre aus dem Programm genommen. Festgelegt wird dies vom Weltverband FIG. Bei den Olympischen Spielen in London wird nicht mit dem Seil geturnt. Je nach Sportgerät werden Tanz, Körperbewegung und technische Elemente (zum Beispiel Sprung und Pirouetten) miteinander verbunden. Die Übungen werden auf einer Wettkampffläche von 13 x 13 Metern vorgetragen. Die Fläche ist mit Linien begrenzt, ein Übertreten gibt Punktabzug.
Insgesamt drei Jurys vergeben Noten, die zu einem Gesamtergebnis zusammengezählt werden. Die erste Jury beurteilt den technischen Wert, die zweite den artistischen. Die dritte Jury vergibt Noten für die Qualität der Ausführungen. Dieses Resultat macht 50 Prozent des Gesamtergebnisses aus. Medaillen werden in zwei Disziplinen vergeben: im Einzel und in der Gruppe.
Trampolin
Das Trampolin ist ein recht junges Sportgerät. Der amerikanische Sportlehrer George Nissen baute 1928 eine Vorrichtung, die er sich bei Zirkusartisten abgeschaut hatte und entwickelte sie in den kommenden Jahren weiter. In vergrößerter Ausführung wurde das Trampolin nach dem Zweiten Weltkrieg nun auch von Kunstturnern zu Trainingszwecken genutzt und erreichte über die Schweiz auch den europäischen Kontinent. Nissen trieb die Verbreitung in Europa voran und erstellte 1957 ein erstes Standardwerk zu Trampolin-Lehre und -Regeln. Nachdem der Internationale Turnerbund das Trampolinturnen zur eigenständigen Sportart erklärt hatte, wurde es auch in Deutschland zunehmend populär. 1964 fanden die ersten Weltmeisterschaften statt. Seit 2000 ist Trampolinturnen olympische Disziplin.
Das Regelwerk des Trampolinturnens ähnelt sehr stark den Wertungsbestimmungen des Geräteturnens und weicht nur in wenigen Details ab. Das elastische Trampolintuch ermöglicht den Aktiven Luftsprünge in einer Höhe von sieben Metern. Die Übungsteile enthalten erweiterte turnerische Elemente wie Drehungen und Überschläge. Der Kontakt vor dem erneuten Absprung auf dem Tuch kann als Fuß-, Bauch-, Sitz- oder Rückenlandung erfolgen. Die Figuren und Elemente in der Luft sind Hocke, Schere, Salto und Schraube (in verschiedenen Kombinationen). Bewertet werden Schwierigkeitsgrad, Ausführung und Flughöhe.
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Die deutschen Starter
Frauen
Jana Berezko-Marggrander, Rhythmische Sportgymnastik, Einzel
Janine Berger, Mannschafts-Mehrkampf
Mira Bimperling, Rhythmische Sportgymnastik, Gruppe
Kim Bui, Qualifikation
Oksana Chusovitina, Qualifikation und Pferdsprung
Anna Dogonadze, Trampolin
Nadine Jarosch, Qualifikation
Nicole Müller, Rhythmische Sportgymnastik Gruppe
Camilla Pfeffer, Rhythmische Sportgymnastik Gruppe
Cathrin Puhl, Rhythmische Sportgymnastik Gruppe
Sara Radman, Rhythmische Sportgymnastik Gruppe
Elisabeth Seitz, Qualifikation
Regina Sergeeva, Rhythmische Sportgymnastik Gruppe
Männer
Philipp Boy, Qualifikation , Mannschafts-Mehrkampf , Einzel-Mehrkampf
Fabian Hambüchen, Qualifikation , Reck , Mannschafts-Mehrkampf
Sebastian Krimmer, Qualifikation , Mannschafts-Mehrkampf
Marcel Nguyen, Qualifikation , Mannschafts-Mehrkampf
Henrik Stehlik, Trampolin
Thomas Taranu, Mannschafts-Mehrkampf
Andreas Toba, Qualifikation , Mannschafts-Mehrkampf