Ich kann die Situation in anderen Vereinen nicht einschätzen, sehe aber die Gefahr, dass der Protest jetzt in die völlig falsche Richtung geht.
Mir ist schon klar, dass viele Leute gerade hier aus dem Forum als Gralshüter des Fußballs betrachten, ich schließe mich da jetzt nichtmal unbedingt aus, aber die Frage ist doch: will ich etwas erreichen, und wenn, wie will ich es erreichen?
Die 12:12-Aktion war in meinen Augen eine von einer Minderheit initierte Mehrheitskampagne, in der AF haben möglicherweise alle mitgemacht (Ausrutscher in Stresssituationen verzeihe ich jetzt mal). Die Leute haben verstanden, worum es geht, und haben alle mitgemacht. Und, da muss ich Tara widersprechen, es geht ja eben nicht darum, SOFORT Änderungen herbei zu führen. Es geht darum, Stimmungen aufzuzeigen und auszuloten. Wer ist denn eigentlich gegen das Sicherheitskonzept? Offensichtlich die Mehrheit der Stadionbesucher.
Jetzt ist den Leuten aber nicht mehr so leicht zu vermitteln, warum sie den Protest weiterführen sollen. Das Sicherheitspapier ist abgesegnet. Und was steht drin? Das weiß doch gar keiner. Weil offensichtlich nichts drin steht, was morgen oder übermorgen die Fußballwelt erschüttern wird. Das Schlimme ist doch nicht der Inhalt des Papiers, sondern die Tatsache, dass es überhaupt entstanden ist. Das sich DFB/DFL von den Innenministern am Nasenring durch die Arena führen lassen und das die Vereine gegen den offensichtlichen Willen ihrer Mitglieder stimmen. Das DFB/DFL ihre Mitglieder wiederum (wie es in den Wald schallt...) zu dummen Stimmvieh degradieren, und im Nachhinein Unverständnis äußern, weil nicht alle für die Kanditaten der Nationalen Front stimmen.
Wenn man an dieser Konstellation irgendetwas ändern will, darf den Zusammenschluss von verschiedenen Fußballfans nicht aufkündigen, sondern muss ihn erhalten und vertiefen. Und erhalten und vertiefen heißt eben nicht, dass man konsequent seinen Protest durchzieht, sondern dass man mal in die Massen hineinhorcht. Wenn hier Fangruppen der meinung sind, die 12:12-Aktion auf 90:00 (+3 Min) auszudehnen, ohne den Leuten vermitteln zu können, wogegen denn jetzt der Protest eigentlich geht, werden sie wohl eher erleben, dass Leute die entstandene Stille mit Lärm füllen. Es hat nähmlich ein Leben ohne Choreo, Capo etc gegeben und wird es weiter geben.
Es gibt für manche Sachen, die mir im Stadion wichtig sind, im Moment ganz klare Mehrheiten. Offensichtlich auch bei Leuten, die nicht ganz so bei der Sache sind, bei Leuten, die hier auch gerne mal mit diversen abwertenen Bezeichnungen benamt werden. Für andere Sachen gibt es diese Mehrheiten offensichtlich nicht. Ich kann jetzt Saison für Saison schweigend hinterm Tor stehen (wenn ich keinen Spaß habe...), oder mich zusammen mit den anderen Stadionbesuchern auf die Sachen konzentrieren, die vielleicht als nächstes wieder von polizeigewerkschaftIchlich organisierten Hasspredigern aufs Schafott geführt werden.
Ein Letztes sei mir noch gestattet: es gibt Vereine in diesem Land, die sind in den letzten 20 Jahren so etwas von gef**kt worden. 1860, Aachen, Duisburg, Rostock, die Liste ist ja deutlich länger, - da ist ist den Leuten (aus der Perspektive des Außenstehenden) wirklich Gewalt angetan worden. Vom eigenen Verein. Das sind doch die Haustüren, vor denen zu kehren ist. Da kann ich natürlich "Scheiß DFB!" rufen, ("Mein Enkel und ich, wir rufen schon immer "Scheiß DFB!", ich weiß nicht mehr, warum."), aber ich nenne das wohlfeil.