Im Gespräch: Martin Schmidt, Trainer der U23 von Mainz 05
„Das ist ein toller Beleg für unsere Arbeit“
Während die Eintracht und der FSV Frankfurt ihre U-23-Teams vom Spielbetrieb abmelden, bekennt sich Mainz 05 zum Nachwuchs, der nun in der Relegation Chancen auf den Sprung in die dritte Liga hat.
Die Frankfurter Klubs haben ihre U-23-Teams aus der Regionalliga abgemeldet, Mainz 05 hat mit seiner Nachwuchsmannschaft die Relegationsspiele für die dritte Liga gegen Neustrelitz erreicht. Können Sie uns die unterschiedliche Herangehensweise erklären?
Es sind ja nicht nur Eintracht Frankfurt und der FSV Frankfurt, die abmelden. Leverkusen hat die Möglichkeit zum Abmelden ja erst beantragt. Und andere Vereine denken ebenfalls drüber nach. Wir in Mainz, aber auch Vereine wie Freiburg, der VfB Stuttgart oder Kaiserslautern sehen das anders, weil wir Ausbildungsvereine mit großer Wertschätzung für die Nachwuchsförderung sind. Darin stellt die U 23 bei uns den letzten Entwicklungsschritt zu den Profis dar. Sie ist die Schnittstelle zu den Profis.
Und Eintracht Frankfurt braucht solch eine Schnittstelle nicht?
Die Eintracht hat sich ja schon ihre Gedanken gemacht und verfolgt eben ein anderes Konzept. Sie sagen zum einen, dass Toptalente den Sprung direkt aus der A-Jugend schaffen müssen. Das stimmt auch. Ein Götze, Reus, Schürrle und solche Spieler brauchen keine U 23, um in die Bundesliga zu kommen. Wir müssen in der U23 auch darauf setzen, Spätentwickler zu finden, an die andere nicht mehr glauben und die die U23 als Ausbildungsstufe benötigen. Stefan Bell, Shawn Parker, Benedikt Saller oder Yunus Malli haben kürzer oder länger bei der U 23 gespielt und sich entwickelt. Jetzt stehen sie alle fest im Profikader.
Die U 23 kostet aber auch Geld. Ist sie das wert?
Ich glaube erst einmal nicht, dass es bei der Eintracht um Geldsparen geht. Sie stellen ja nicht ihre Ausbildung ein, sondern wollen nur eine andere Gewichtung. Sie wollen Talente nach der A-Jugend eher ausleihen und später wieder zurückholen, das ist auch ein denkbarer Weg. Wir aber wollen die Spieler bei uns haben, und zudem glauben wir daran, dass die U-23 auch als Reserveteam im Training für die Profimannschaft benötigt wird und auch als Einsatzmöglichkeit für Spieler nach einer Reha. Manchmal soll auch nur ein Stürmer wieder mal ein Tor schießen und Selbstbewusstsein tanken. Diese Möglichkeit ist dann weg. Bei uns ist die Verzahnung zwischen den Teams sehr groß, in Frankfurt ist das Nachwuchsleistungszentrum komplett getrennt von den Profis. Die Eintracht hat die Option U 23 anders genutzt als wir.
Noch einmal die Nachfrage: Ist das das Geld dann wert?
Schauen Sie mal: Wenn ein Profi aus der ersten Mannschaft durch einen Einsatz bei uns vielleicht eine Woche früher an seine Topform herankommt und dann ein Spiel mitentscheidet und uns eventuell einen Platz besser in der Bundesligatabelle beschert, kann das manchmal bis zu einer Million Euro wert sein. Aber unabhängig davon ist die U 23 auch noch wertvoll, weil wir bei Verletzungen oder in Länderspielpausen die Trainingsgruppe der Profis auffüllen können.
Das könnten doch auch A-Juniorenspieler machen, oder?
Die Jungs sind meist noch in der Schulausbildung. Da können wir nicht in der Schule anrufen und darum bitten, dass einer mal schnell vorbeikommt. Wenn man das zeitig weiß, ist das eine Option.
Kürzlich hat David Kinsombi seinen Wechsel aus der Mainzer Jugend zur Eintracht bekanntgegeben. Bereut er den Wechsel schon?
Ich habe nicht mit ihm gesprochen. David ist sicher überzeugt, und er hat auch das Zeug, es bei den Profis zu schaffen. Aber ihm fehlt natürlich jetzt eine Option in der Entwicklung. Aber die Eintracht wird sicher einen Plan B für solche Talente haben.
An diesem Mittwoch spielt Ihre U 23 im Relegationspiel bei der TSG Neustrelitz (19 Uhr). Was würde Mainz 05 der mögliche Aufstieg in die dritte Liga bringen?
Für die Profis wäre das sicher eine gute Option, weil dann verletzte oder Reservespieler auf noch höherem Niveau gefordert wären bei einem Einsatz bei uns. Für einen Top-Bundesligaverein wie Dortmund mit vielen Talenten, die ganz nah am Bundesliganiveau sind, ist das auch gut. Ich habe aber gewisse Bedenken: Für das Nachwuchsleistungszentrum ist die Drittklassigkeit nicht unbedingt optimal, weil der Schritt von der U 19 zur U 23 sehr groß wird.
Wollen Sie also gar nicht aufsteigen?
Wenn wir so nah dran sind, dann versuchen wir es natürlich. Allein die Relegationsspiele sind sicher ein tolles Erlebnis für meine Jungs mit vielen Zuschauern. Zudem ist das ein toller Beleg für die Arbeit unseres Nachwuchsleistungszentrums und die U 23 als letzte Ausbildungsstufe.
Das Gespräch führte Daniel Meuren - FAZ 27.05.2014