Die Tour-Favoriten 2015 - Die Großen 4Letztes Jahr saß ich sabbernd da und erwartete einen epischen, spannenden Showdown der großen Namen. Dann verabschiedeten sich die Favoriten nach stürzen reihenweise und am Ende war der Sieger auf jedem Terrain und in jedem Gebirgszug so dominant, dass es hinter ihm "nur noch" einen spannenden Kampf um Rang 2 gab. Dieses Jahr verspricht die Ausgangslage noch mehr Spannung. Ein Quartett an Ausnahmefahrern, dass zusammen 4 Tour-Siege (+ einen aberkannten), 4 Giro-Siege (+ einen aberkannten), 4 Vuelta-Siege + 8 weitere Podiums-Platzierungen bei Grand Tours in seinem Palmares' zu stehen hat. 4 Fahrer, die mit bärenstarken Teams antreten. Hoffentlich wird es die Kämpfe in den Bergen auch geben.
Vincenzo Nibali,

, Astana Team
Die Ausfälle des letzten Jahres habe einen kleinen Schatten auf den dominanten Sieg des Italieners geworfen, was ihm gegenüber etwas unfair ist. Nibali dominierte die Tour 2014 schon vor den Stürzen der Mitfavoriten. Er fuhr in England eine Attacke, er griff auf dem Kopfsteinpflaster an und fuhr somit schon einen netten Vorsprung heraus, bevor die Vogesen, Alpen und Pyrenäen auf dem Plan standen. Dort dominierte er das dezimierte Favoritenfeld dann im Stile eines... Nein, da möchte ich keinen Namen nennen.
Unterstützt wird Nibali in diesem Jahr in den Bergen wieder vom Dänen
Jacob FUGLSANG, der selbst schon unter die Top Ten der Tour fuhr, von seinem Landsmann
Michele SCARPONI und vom estischen Neuzugang
Rein Taaramäe. Als Rouleure mit viel Kopfsteinpflaster-Erfahrung stehen ihm die beiden Niederländer
Lars BOOM und
Lieuwe WESTRA zur Seite, die auch in den Bergen hilfreich sein können. Nicht dabei ist dagegen der Zweite des diesjährigen Giros -
Fabio ARU, der im noch jungen Radsportalter von 25 Jahren bereits als Kronprinz von NIBALI gilt. Den hätte ich als Helfer schon deshalb mitgenommen, weil er sich an die Tour-Fahrweise schon mal gewöhnen sollte.
Nibali gilt als guter und aktiver Bergfahrer, als guter Zeitfahrer und hat sicher ein taktisch gutes und stark besetztes Team, welches beim TTT und als Unterstützung rein nominell sehr wichtig sein wird. Dieses Jahr muss er aber beweisen, dass er auch die Top-Fahrer in den Bergen so kontrollieren kann, wie er es 2014 mit der leicht "inferioren" Konkurrenz getan hat. Dominanz wie vor einem Jahr von ihm zu erwarten wäre wirklich vermessen. Seinen italienischen Meistertitel hat er am letzten Wochenende bereits verteidigt. Jetzt soll die Verteidigung des Tourtitels folgen.
Chris FROOME,

, Team Sky
Nach der Enttäuschung im letzten Jahr, wo Froome bereits vor dem Kopfsteinpflaster stürzte, wird der Brite mit kenianischen Wurzeln darauf brennen, sich das Gelbe Trikot zurückzuholen und nach Paris zu tragen. Seinen Siegeswillen bewies er schon im Frühjahr als er die Andalusien-Rundfahrt (mit 2 Sekunden Vorsprung auf Alberto Contador) gewann. Auch beim wichtigsten Vorbereitungsrennen - dem Critérium du Dauphiné konnte er siegen, auch wenn die großen Favoriten - bis auf Nibali, der aber nicht auf Sieg fuhr - dort nicht starteten. Für die Tour sollte er perfekt vorbereitet sein. Am Berg muss er sich vor niemandem verstecken, im Zeitfahren gilt er als bester Mann der 4 Top-Favoriten und wird es bedauern, dass Zeitfahren bei dieser Tour so gut wie gar nicht vorkommt. Und sein Sky-Team ist eh über jeden Zweifel erhaben.
Ein Team, welches mit dem Tschechen
Leopold KÖNIG, dem Siebtplatzierten der letzten Tour ordentlich frisches Blut bekommen hat. In dem mit dem Australier
Richie PORTE ein weiterer Kandidat für die Top Ten stünde. In dem der Ire
Nicolas ROCHE ein guter Helfer in den Bergen ist und in dem die britischen Allrounder wie
Geraint THOMAS (der als Klassikerspezialist auch auf dem Kopfsteinpflaster zu Hause ist) Froome jede Unterstützung geben werden, die sie leisten können. Die Dominanz der letzten Jahre zeigt sich im Team Sky zwar nicht mehr so krass wie 2013 und 2014. Aber dass Froome eine der stärksten Mannschaften im Peloton zur Verfügung steht - darüber dürfte kein Zweifel bestehen.
Nairo Quintana,

, Team Movistar
Nach einem Jahr Pause tritt Nairo Quintana 2015 auch wieder bei der großen Schleife an und verzichtete dafür auf die Verteidigung seines Giro-Titels von 2014. Und er tritt bei einer Tour an, die wie für ihn gemacht ist. Viele Bergankünfte, kaum Zeitfahren und ein TTT mit Bergankunft - das behagt dem jungen Kolumbianer sicher. Nachdem er bei seiner Tourpremiere 2013 Rang 2 belegte, soll nun der nächste Schritt folgen. Dafür hat er in diesem Jahr mehr trainiert als Rennen gefahren, obwohl er im Frühjahr schon Tirreno-Adriatico gewinnen und bei den Frühjahrsklassikern Kopfsteinpflaster-Erfahrung sammeln konnte. Diese Pavés machen viele Experten trotzdem als eine kleine schwäche aus. Trotz gründlicher Vorbereitung behagen dem kleinen Kolumbianer diese Abschnitte nicht wirklich. Aufgrund seines noch jungen Alters gilt er zudem als taktisch noch nicht so reif und versiert wie seine großen KOnkurrenten.
Als Adjutant wird Quintan der spanische Altmeister
Alejandro VALVERDE zur Seite stehen, der ohne Murren ins zweite Glied bei dieser Tour zurück trat. Als Kletterer werden zudem Quintanas Landsman
Winner ANACONA und die Spanier
Gorka IZAGIRRE und
Jonathan CASTROVIEJO viel Arbeit im Gebirge leisten. Die übrigen klangvollen namen der spanischen, italienienischen und britischen Rouleure im Team spar ich mir mal, einen Sprinter wie
José Joaquín ROJAS hat man dieses Mal bei Movistar gar nicht mitgenommen.
Alberto CONTADOR,

, Team Tinkoff-Saxo
6 der 12 oben aufgezählten Grand-Tour-Titel stehen im Palmares von Contador. Der letzte - beim Giro - liegt gerade einmal 6 Wochen zurück. Und dieser Titel ist auch der Grund, warum viele einen weiteren Toursieg in diesem Jahr als eher unwahrscheinlich erachten. Dieses Double ist als letzten Marco Pantani 1998 gelungen. In den letzten 20 Jahren meiden die Fahrer, welche die Tour gewinnen wollen, den Giro aber wie der Teufel das Weihwasser (oder fahren dort nicht volle Pulle). Contador ist dieses Jahr einen anderen Weg gegangen und man wird sehen, wie sehr er den Giro noch in den Beinen hat.
Die Stärken des Spaniers liegen - auch wenn er Zeitfahren auch kann - eindeutig in den Bergen, daher kommt ihm die Tourstrecke definitiv entgegen. Aber die 10 von 10 Punkten, die ihm das offizielle Tour-Programm in dieser Kategorie gibt, sehe ich eigentlich nicht (andererseits- was weiß ich schon?!). Contador ist mit Sicherheit der angriffsfreudigste der 4 Top-Favoriten. Aber mit 32 Jahren bei weitem auch nicht mehr so explosiv wie vor fünf, sechs Jahren.
Ich würde mich aber festlegen, dass rein nominell Contadors Tinkoff-Team am stärksten besetzt sein sollte. In den Bergen stehen ihm mit dem letztjährigen Gewinner des Bergtrikot, dem Polen
Rafal MAJKA, dem Tschechen
Roman KREUZIGER und mit dem Australier
Michael ROGERS Helfer zur Verfügung, die in anderen Teams Kapitäne wären. Neu im Team ist der italienische Altmeister
Ivan BASSO, der zwar keine Siegchancen bei solchen Rundfahrten hat, aber als Helfer sicher sehr wertvoll sein wird. Mit dem blutjungen Dänen
Michael VALGREN und dem Italiener
Matteo TOSSATO stehen zwei Rouleure/ Allrounder als Helfer zur Verfügung. Da kann man sich sogar den Luxus leisten, mit
Peter SAGAN einen Etappenjäger und den Gewinner des grünen Trikots bei den letzten 3 Frankreich-Rundfahrten mitzunehmen und ihm mit dem Italiener
Daniele BENATI einen sprintstarken Helfer zur Seite zu stellen. Oder ist das Plan B, falls Contador doch den Giro-Strapazen Tribut zollen muss? Who knows...
So. Die Männer hinter dem goldenen Quartett folgen noch, ebenso die Sprinter. Gegen 2 steigt Eurosport dann in die Übertragung ein (auch jetzt läuft schon Radsport), die ARD wird einsteigen, sobald das megawichtige Benefizspiel des BVB vorbei ist). Viel Spaß liebe Leute...