NFL-Vorschau 2016 Teil2 - AFC West
(Denver Broncos, Kansas City Chiefs, Oakland Raiders, San Diego Chargers)
4 Jahre lang dominierten die Denver Broncos diese Division. 5 Divisions-Championships in Folge gingen nach Colorado. Gekrönt wurde diese Ära mit dem Super Bowl-Triumph im Februar gegen die Carolina Panthers. Doch im Westen gibt es tatsächlich etwas Neues. Die Zeit für einen Machtwechsel könnte gekommen sein.
Der Champion
Denver Broncos konnte den Super Bowl Sieg lange feiern. Doch der Kater folgte auf dem Fuß. Dass Quarterback-Legende Peyton Manning seinen Sheriffstern an den Nagel hängte, kam nicht unerwartet. Dass sein potentieller Nachfolger Brock Osweiler sich zu wenig respektiert fühlte und gen Houston abwanderte war dann allerdings doch überraschend. Und dass man nicht alle Starter der 2015 Moster-Defensive halten können würde war absehbar. Schmerzen tun die Abgänge von Danny Trevathan (nach Chicago) und Malik Jackson (Jacksonville) aber trotzdem. Was bleibt also übrig beim Champion?
Einiges, zumindest in der Defensive. Die Front 7 dürfte immer noch zu den besten der NFL gehören. Superstar
Von Miller wurde gerade erst langfristig und für viel Kohle an das Team gebunden. Altstar
Demarcus Ware zählt weiterhin zu den Leistungsträgern, dahinter drängt
Shane Ray in die Starter Rolle. Auch Nose Tackle
Sylvester Williams wurde langfristig gebunden. Die Secondary ist mir
Aquib Talib, Chris Harris oder T.J. Ward ebenfalls namhaft besetzt. Die Abgänge konnten natürlich nicht komplett mit neuen Superstars besetzt werden. Aber diese Defense kann und muss auch die Mannschaft weiter tragen.
Denn auf der Quarterback-Position herrscht riesige Unsicherheit. Zunächst wurde
Marc Sanchez verpflichtet. Danach
Trevor Siemian als Backup erklärt. Und dann im Draft hochgetradet um
Paxton Lynch zu draften. Kurz vor Saisonbeginn dann noch
Austin Davis geholt. Resultat: Sanchez ist bereits wieder entlassen, Lynch ist erwartungsgemäß noch weit von NFL-Reife entfernt und Davis gerade erst als Backup gekommen. Also steht auf dieser Position mit Trevor Siemian ein Mann, der in der NFL bisher einen Snap (ja, nur einen Spielzug) Erfahrung aufweisen kann. Suboptimal würde ich sagen…
Die Passfänger sind mit
Demaryus Thomas und Emanuel Sanchez weiterhin gut aber die abartige Tiefe, die Denver vor Jahren auf dieser Position hatte, ist definitiv nicht mehr gegeben. Auf Running Back konnte immerhin
C.J. Anderson gehalten werden, der als Restricted Free Agent bereits in Miami unterschrieben hatte. Mit
Davontae Booker könnte ein guter zweiter RB über den Draft gekommen sein. Die Offensive Line ist weiter in Ordnung. Aber reicht das?
Ich glaube nicht. Der Kader könnte immer noch gut genug für 9 bis 11 Siege sein. Aber ich tippe mal, der Divisionssieg geht in dieser Saison an die:
Kansas City Chiefs. An jenes Team, welches nach 1-5-Saisonstart 2015 die letzten 10 Spiele gewann und dann in den Playoffs noch die Texans mißhandelte. Und das ohne ihren mutmaßlich besten Spieler:
Running Back
Jamaal Charles. Unglaublicherweise fällt die Siegesserie der Chiefs exakt auf die Zeit, in der der Superstar verletzt ausfiel. Aber Backup
Charcandrick West erwies sich als solider Ersatz auf dieser Position. Quarterback
Alex Smith spielte gewohnt unspektakulär aber verlässlich und fehlerfrei. Hinter einer ordentlichen O-Line (die mit Tackle
Mitchell Schwart aus Cleveland nochmal Qualität gewonnen hat) bediente er mit Kurzpässen Tight End
Travis Kelce und Receiver
Jeremy Maclin. Ganz ruhig… ganz solide… unspektakulär… aber erfolgreich.
Unterstützt wurde das Ganze durch eine starke Defensive. Und das obwohl Superstar
Justin Houston fünf Spiele verletzt ausfiel. Weitere Superstars stehen nicht im Roster der Defensive. Aber viele gute und verlässliche Spieler. Nose Tackle
Dontari Poe, die Linebacker
Derrick Johnson und Dee Ford oder Safety
Eric Berry. Keine Leute zum Hypen - aber starke Spieler, die ihren Job machen. Letzte Saison kam im Draft mit
Marcus Peters noch ein junger Cornerback hinzu, der tatsächlich Superstar-Potential mitbringt.
Worte wie „verlässlich“ und „solide“ fallen immer wieder, wenn man über die Chiefs spricht. Aber nach dem Umbruch in Denver wäre Kansas City eigentlich dran. Dieser Tipp mag langweilig sein, aber er ist realistischund … naja… solide... Genau wie die Chiefs.
Mehr Aufregung herrscht dagegen in Nordkalifornien. Bei den
Oakland Raiders. Einerseits, weil das Team ein Kandidat für einen Umzug ist. Andererseits, weil diese Traditionsfranchise nach Jahren des Siechtums seinen Fans endlich wieder Hoffnung macht. Und bei solchen großen Namen wie den Raiders springen die Medien dann auch schnell auf den Hype-Train mit auf.
Was man zuallererst beim Quarterback
Derek Carr sieht. Sicher, Carr hat sich entwickelt. Aber Carr ist bei weitem nicht so weit, wie viele Pundits ihn machen. Er sah auch besser aus, als viele ihm das zutrauten. Aber er wurde auch behutsam aufgebaut, musste wenig Risiko gehen und das Team selten „retten“. Das vermeidet Fehler und schönt die Statistiken. Aber er muss sich noch weiter entwickeln. Dabei wurde er von einer sehr guten O-Line beschützt, die durch
Kelechi Osemele nochmal verstärkt wurde. Damit stehen ihm mit dem jungen Receiver
Amari Cooper und dem erfahrenen
Michael Crabtree, der seine letzte Karriere-Chance in Oakland nutzen konnte, verlässliche Passziele zur Verfügung. Und
Latavius Murray ist als Running Back eine weitere Option, die Carr entlastet.
In der Defense dreht sich alles um Linebacker
Khalil Mack, einer der weiteren jungen Spieler, die per Draft in den letzten Jahren nach Oakland gekommen sind und die alle voll eingeschlagen haben. Somit wurden die Raiders auch für Free Agents wieder interessant. Und so konnte u,a, auch
Bruce Irvin aus Seattle losgeeist werden. Noch letztes Jahr konnten die Raiders nicht einmal mit massiv Kohle Verstärkungen in die Bay Area lotsen. Ein Jahr später sind die Raiders wieder ein attraktiver Landing Spots für Free Agents.
Aber es kann nicht immer nur aufwärts gehen. Letztes Jahr fielen viele Würfel zu Gunsten der Raiders. Ein Übergangsjahr zur Konsolidierung muss auch mal sein. Aber auch eine weiter 7-9 Saison wäre kein Einbruch eine 8-8-Saison durchaus ein Erfolg.
Es bleiben noch die
San Diego Chargers. Ein Team, welches in der Offseason wenig durch sportliche Themen für Schlagzeilen sorgte. Dafür wollte man nach Los Angeles umziehen, war danach beleidigt, weil man nicht als Erster berücksichtigt wurde, vergraulte seinen All-Pro-Safety durch seine Art Vertragsverhandlungen zu führen und riskierte durch ebenso harte Forderungen an seinen Draft-Erstrundenpick, dass dieser überhaupt nicht unterschreibt und dafür lieber ein Jahr aussetzt. Dabei lieferte man sich eine Schlammschlacht mit diesem talentierten Spieler und versuchte diesen öffentlich unter Druck zu setzen und zu diffamieren. Der
Sideline Reporter hat dazu eine sehr schöne Zusammenfassung geschrieben.
Es bleibt ein Kader mit vielen Baustellen aber auch viel Potential. Ein Kader, der allerdings dazu verdammt ist, die letzten Karrierejahre von Quarterback
Philip Rivers zu nutzen. Dem stehen mit dem frisch verlängerten
Austin Davis und dem aus Cleveland verpflichteten
Travis Benjamin ganz gute Receiver zur Verfügung. Danach wird’s auf dieser Position allerdings dünn. Da wäre eine Leistungssteigerung von Running Back
Melvin Gordon, Erstrundenpick aus 2015 recht hilfreich, der eine enttäuschende Rookie-Season spielte. Mit
Danny Woodhead steht noch ein ordentlicher zweiter Running Back zur Verfügung. Am tiefsten besetzt dürfte die Offensive Line sein, die allerdings auch langsam in die Jahre kommt.
Die größere Baustelle dürfte allerdings bei der Defense liegen. Mit Superstar-Safety Eric Weddle verlor das Team einen der wenigen Top-Leistungsträger bzw. hatte dieser ebenso die Schnautze von der Franchise-Führung voll. Es bleiben noch einige junge Spieler mit Potential. Die beiden Passrusher
Melvin Gordon und Jeremiah Attaochu zeigen gute Ansätze. Linebacker
Denzel Perrimen hat überzeugt. Und
Joey Bosa hat am Ende doch noch seinen Vertrag unterschrieben. Athletisch und spielerisch bringt er extrem viel Potential mit, allerdings hat er durch die Vertragsstreitereien die komplette Saisonvorbereitung verpasst. Auf Cornerback konnte man immerhin
Casey Hayward aus Green Bay an sich binden. Aber auf den restlichen Positionen klaffen viele Löcher. Von Kadertiefe ganz zu schweigen.
Ich befürchte, Philip Rivers wird nicht einmal annähernd so einen Karriere-Herbst erleben wie Peyton Manning. Ich halte die Chargers einfach für das schwächste Team dieser Division. Und als Vierter in der eigenen Saison hat man schon rein rechnerisch keine Chance auf die Playoffs. Und ich wünsche es den Chargers nach dieser Offseason auch nicht. Deshalb lautet mein Tipp:
1.) Chiefs 11-5
2.) Broncos 9-7
3.) Raiders 8-8
4.) Chargers 6-10