Zahlenakrobatik geht weiter: Stiller Gesellschafter zahlte 400 000 Euro / Ex-Geschäftsführer Kalt will Zahlen heute klarstellen
OFC vertraut Dortmund-Rettern
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http://www.op-online.de/sport/kickers-offenbach/vertraut-dortmund-rettern-2783254.htmlOffenbach - 9,1 Millionen Euro Verbindlichkeiten und Insolvenzgefahr. Aber die Sanierer von Borussia Dortmund wollen auch Kickers Offenbach retten. Von Jochen Koch
Im Bundesanzeiger hat die Profi-GmbH der Offenbacher Kickers am 27. November 2012 ihren Jahresabschluss zum 30.6.2012 veröffentlicht. Bei einem Umsatz von 6,6 Millionen Euro wurde ein Verlust von 1,12 Millionen Euro angegeben, die Verbindlichkeiten sind mit 4,718 Euro ausgewiesen. Davon waren laut Geschäftsführung (Thomas Kalt und Jörg Hambückers) 1,789 Millionen kurzfristige Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von maximal einem Jahr. Schon mit diesen offiziellen Zahlen war absehbar, wie schlimm es um den OFC stand, der nur mit städtischer Hilfe in letzter Minute die Lizenz vom DFB für diese Saison erhielt.
Aber die Zahlen mit Stichtag mit 30.6.2012 enthielten nicht die ganze Wahrheit. Um die Saison zu finanzieren, nahm der damalige Geschäftsführer Thomas Kalt kurz vor Abgabe der Lizenz-unterlagen das Angebot eines Geschäftsmannes aus Seligenstadt an, der sich mit 800000 als stiller Gesellschafter an der Profi-GmbH beteiligen wollte. 200000 Euro sind sofort geflossen. Für 600000 Euro wurden zwölf Monatsraten á 50000 Euro vereinbart, aber nur vier davon wurden bezahlt. Der 44-jährige Investor war in der Finanzbranche tätig, hatte Firmensitze in Seligenstadt, Rödermark und der Schweiz.
Die Vereinbarung mit dem Finanzdienstleister soll, so ist aus OFC-Kreisen zu hören, der Anfang vom Ende der bis dahin guten Beziehung zwischen Kalt und Präsident Frank Ruhl gewesen sein. Nach Angaben von Geschäftsführer David Fischer ist Kickers Offenbach weiterhin im Besitz von 100 Prozent der Gesellschaftsanteile an der Profi-GmbH. Inwieweit der Aufsichtsrat in diese Entscheidung einbezogen war, lässt sich derzeit nicht klären, denn der Vorsitzende des Kontrollorgans, Jörg Siebert, weilt im Urlaub.
Die 9,1 Millionen Verbindlichkeiten der Kickers wurden von den Wirtschaftsprüfern „Rölfs RP“ ermittelt. Diese Firma hat große Erfahrung im Profifußball, betreute mehrere Klubs aus der 1., 2. und 3. Liga. Spektakulärster Fall der bundesweit agierenden „Rölfs RP“ war die Sanierung von Borussia Dortmund. Der BVB hatte ab dem Jahr 2000 einige Jahre lang seine desolate Finanzlage mit Beschönigungen und Finanztricks verschleiert. 2005 hatten „Rölfs RP“ das ganze Ausmaß der Misere aufgedeckt: Dortmund stand bei einer Deckungslücke von 29,7 Millionen vor der Insolvenz. „Rölfs RP“ erarbeiteten einen Sanierungsplan, der mit Hilfe der Gläubiger griff, und nun auch in Offenbach erfolgreich angewendet werden soll.
Allerdings könnte sich heute die Zahlenakrobatik einem neuen Höhepunkt nähern. Einen Besprechungstermin mit Ruhl und den Wirtschaftsprüfern hatten Thomas Kalt und Jörg Hambückers kurzfristig abgesagt, dafür will Kalt heute seine Interpretation der angeblich 9,1 Millionen Euro Schulden bekannt geben und hat bereits angedeutet, auf ganz andere Zahlen zu kommen.
Kalt steckt tief in einem Interessenskonflikt. Als Mitarbeiter von Rot-Weiß Erfurt müsste er ein Interesse daran haben, dass ein Mitkonkurrent im Kampf gegen den Abstieg in die Insolvenz geht. Aber nach zwölf Jahren in der Verantwortung und testierten Jahresabschlüssen hält er die 9,1 Millionen Euro als viel zu hoch angesetzt. Sollte der OFC in die Insolvenz gehen, könnten die Ex-GmbH-Geschäftsführer Kalt und Hambückers persönlich in Haftung genommen werden. Eine verzwickte Situation - und das vor dem Heimspiel der Kickers am Samstag gegen Rot-Weiß Erfurt. Kalt wird nicht zum Spiel kommen, wie er schon vor Monaten angekündigt hatte: „Ich werde nie als Gegner auf den Bieberer Berg kommen.“