Urteil des Würzburger Verwaltungsgerichts zum Auswärtsspiel von Rostock im Vorjahr in Würzburg aus der Mainpost:
26.03.2017
WÜRZBURG
Kein juristisches Foul-Spiel der Stadtverwaltung
Der Ärger von Rostocker Fußball-Fans ist verständlich: Sie sollten 150 Euro Gebühr für ein Liga- Spiel in Würzburg zahlen, das sie gar nicht sehen durften.
Polizeibekannten Fans von Hansa Rostock hatte die Stadtverwaltung im April 2016 ein befristetes Aufenthaltsverbot für Würzburg erteilt: Beginnend vier Stunden vor dem Anpfiff des Spiels der Kickers gegen Rostock, damals noch in der dritten Liga, bis drei Stunden nach dem Spiel am 23. April. Bei einem Verstoß dagegen werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1000 Euro fällig. Ein Fan klagte nun vor dem Verwaltungsgericht, weil er für ein Spiel, das er nicht sehen konnte, auch noch 150 Euro Verwaltungskosten zahlen sollte plus 2,63 Euro Porto.
Die Richter der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts konnten kein juristisches „Foul“ der Stadtverwaltung erkennen und haben die Klage und die von weiteren vier Fans als unbegründet abgewiesen. Der Vorschlag, einigen Aktiven aus der Rostocker Fan-Szene rechtzeitig vor dem Spiel am 23. April 2016 die „rote Karte“ zu zeigen, war von der Polizei gekommen und mit Vorfällen belegt. Es wurde auf ein äußerst aggressives Verhalten des Rostocker „Problemklientels“ bei Auswärtsspielen hingewiesen. Fast regelmäßig komme es zu Gewaltdelikten und nicht unerheblichen sonstigen Störungen. Der Kläger gehöre zu den berüchtigten „Fanatic“-Fans und sei wiederholt schon an gewalttätigen Aktionen beteiligt gewesen, die zu Strafverfahren führten.
Geringe Eskalationsschwelle
Die durch die Polizei mitgeteilten Erkenntnisse, so die Stadtverwaltung, dokumentierten die geringe Eskalationsschwelle sowie die Gewaltbereitschaft des Klägers und damit die Wahrscheinlichkeit, dass es im Stadion am Dallenberg zu „szenetypischen“ Auseinandersetzungen kommen werde.
Gestunken hat dem Kläger offensichtlich weniger das mehrstündige Aufenthaltsverbot in der Stadt Würzburg, sondern, dass er für den Bescheid eine Gebühr zahlen soll. Zur Verhandlung kam er nicht, sein Anwalt war der Meinung, dass es sich bei der Entscheidung der Stadt um eine „freiheitsbeschränkende Maßnahme“ handle. Dafür Gebühren zu verlangen sei verfassungsrechtlich zu beanstanden. Bei dem befristeten Aufenthaltsverbot für Fußballfans während eines Spiels, vorher und danach, handle es sich um eine sogenannte polizeiliche Standard-Maßnahme, die nicht mit Gebühren belegt werden könne. Sonst würde der Polizei ja eine ganz neue Rolle im Staat zukommen, nämlich mit dem Quittungsblock in der Hand präventive Maßnahmen durchführen.
Amtshandlung im öffentlichen Interesse „ja“ sagte die Stadt, aber eindeutig durch das Verhalten des Klägers veranlasst. Ohne das Besuchsverbot wäre er wahrscheinlich nach Würzburg gekommen und hätte sich da verhalten „wie üblich“. Die auf 150 Euro festgesetzte Gebühr sei in Relation zum Arbeitsaufwand von vier Stunden Dauer auch angemessen.
Für das Gericht war die Reaktion der Stadt vom Kläger durch sein langjähriges Fan-Verhalten veranlasst. Anhaltspunkte dafür, dass sich sein Verhalten in Zukunft ändere, seien nicht zu erkennen. Er werde von der Polizei der gewaltbereiten Problem-Fan-Szene von Hansa Rostock zugerechnet und als „Gewalttäter Sport“ geführt. Er sei in regelmäßig wiederkehrenden Abständen, strafrechtlich in Erscheinung getreten, reiste regelmäßig zu Heim- und Auswärtsspielen an und trat bei gewalttätigen Aktionen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Stadien in Erscheinung.
Thematisches Neuland
Der Erlass des Bescheids durch die Stadt Würzburg sei, so das Gericht, notwendig gewesen, um ihrer Aufgabe, Gefahren abzuwehren, gerecht zu werden. Anders als der Anwalt des klagenden Fans meinte, könne hier nicht von einem Bescheid „mit Straf-charakter“ gesprochen werden. Richtig sei zwar, dass dem Kläger in Zukunft immer wieder Gebühren für solche Bescheide drohen. Allerdings könne er darauf ja Einfluss nehmen. Er hätte zum Beispiel der Stadt Würzburg ein „friedliches Verhalten“ mitteilen können oder, dass er an dem Spieltag sowieso nicht anreist. Dann wäre es, so der Vertreter der Stadt, glaubhafte Aussagen vorausgesetzt, überhaupt nicht zum Erlass des Bescheids gekommen. Auf das Angebot, sich zu dem beabsichtigten befristeten Besuchsverbot zu äußern, hatte der Kläger überhaupt nicht reagiert.
Die Gebühr für den Bescheid in Höhe von 150 Euro hielt das Gericht für angemessen bei einem nachvollziehbaren Arbeitsaufwand von vier Stunden „durch einen Beamten der 3. Qualifikationsebene“. Da sei ein Stundensatz von unter 40 Euro definitiv nicht zu hoch bemessen.
Auch in vier weiteren Fällen waren die klagenden Rostock-Fans nicht angereist. Für das Verwaltungsgericht Würzburg war es thematisch Neuland. Bisher hatte nur die Strafjustiz am Amtsgericht mit angereisten Fußball-Fans zu tun.