Dank an Holger für viele wahre Worte...
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Auswärtsspiel in Aachen, Fastbelgien. Endlich mal wieder eine echte Herausforderung für den finanziell schmalbrüstigen studentischen Union-Supporter. Meine Wahl fiel schließlich auf eine preisgünstige Regionalbahn / IC-Verbindung und schwuppdiwupp war man auch kaum 11,5 Stunden nach Verlassen der eigenen Wohnungstür in dem eitlen Kurort angekommen, der aufgrund des Doppel-A's zu Beginn des eigenen Namens gerne auf den Bad(e)zusatz verzichtet, um in alphabetischen Auflistungen deutscher Städte von der Pole Position grüßen zu können. Sachen gibt's...
Stolz sind die Aachener übrigens auf ihren Dom, der zugegebenermaßen auch sehr sehenswert daherkommt, sofern man den in Köln noch nicht kennt. Stolz sind die Aachener auch auf ihre neue Arena, welche moderner kaum sein könnte, von außen einigermaßen individuell gestaltet ist und innen 30.000 Menschen auf zumeist gelben Sitzschalen und in piekfein-verglasten VIP-Logen Platz bietet. Auch einigermaßen sehenswert, sofern man sich einen Blick in die nur ca.1000 Meter entfernte ehemalige Spielstätte der Alemannia verkneift. Denn nur ein Blick durch den Zaun auf den dem Untergang geweihten Tivoli lässt den Pulsschlag echter Fußballfans so richtig in die Höhe schnellen: klein, eng, atmosphärisch dichte Stehplatzränge, Flutlichtmasten. Ein Fußballstadion in Reinkultur, in dem ich unsere Unioner wesentlich lieber hätte spielen sehen als in diesem seelenlosen benachbarten Neubau, der zu allem Überfluss auch noch den Namen des alten Stadions tragen darf.
Man stelle sich nur mal eben vor, HB-Männchens Zukunftsvision von einem reinen Sitzplatzstadion für den 1.FC Union wäre tatsächlich in der Mitte Berlins gebaut worden und wir würden heute Woche für Woche in die "Neue Försterei" ziehen. Welch ein Hohn, welch eine plumpe Täuschung der eigenen Anhänger, welch ein Verrat an die eigene Tradition - nur gut, dass es bei uns ganz anders gekommen ist und dass die richtigen Personen zur richtigen Zeit an die richtigen Positionen gelangt sind. Und für Aachen gilt vielleicht auch: Wer in den letzten fünf Jahren drei Veränderungen am eigenen Logo akzeptiert, nach 20 Jahren Wiedervereinigung noch immer Chants anstimmt, in denen die Mauer, Ossis und die Zone eine Rolle spielen und wer zu allem Überfluss auch noch einem parasitären Käfer als Vereinsmaskottchen zujubelt, hat es möglicherweise auch nicht anders verdient...
Wenden wir uns nun in Gerhard Delling'scher Überleitungsmanier Florian Müller zu, der im Spiel gegen seinen Heimatverein sicherlich alles andere verdient gehabt hätte, als nach nur sechs gespielten Minuten verletzungsbedingt auszuscheiden. Da in der Zwischenzeit die Diagnose Kreuzbandriss bestätigt worden ist, bleibt mir nur zu sagen: Gute Besserung und baldige Genesung!
Schnell sollte sich jedoch herausstellen, dass die übrig gebliebenen 11 Unioner an diesem Tag mindestens genauso gut aufgelegt waren wie die 1200 mitgereisten Berliner im knackevollen Gästeblock. Aus diesem konnte fast 90 Minuten kontinuierlich Gänsehautstimmung erzeugt werden und der kleine aktive Teil der Aachener Hintertortribüne konnte zumeist locker in den Schatten gestellt werden. Auch auf dem Platz hatten die Unioner das Spiel über weite Strecken sehr gut im Griff und drückten eben jenem den eigenen Stempel auf. Beeindruckend, wie selbstsicher und fußballerisch gewachsen man sich als Aufsteiger in dieser zweiten Liga von Woche zu Woche präsentieren kann.
Nicht ganz unverdient, wenn auch durch einen kapitalen Bock der Aachener Defensive begünstigt, fiel dann auch der Treffer zur 1-0 Führung der Unioner. Aachens Schlussmann Stuckmann vertändelte einen Rückpass; Mosquera, der gut nachgesetzte hatte, bediente Benyamina, welcher gedankenschnell auf Mattuschka zurücklegte. Tuschi, wohl in der Form seines Lebens, ließ sich nicht zwei Mal bitten und nagelte den Ball ins linke obere Eck - Ekstase an der Eckfahne! Und diese sollte sich im weiteren Verlauf des Spiels auch nicht mehr legen. So war es Mosquera, der nach Traumpass von Younga-Mouhani, der später zum fünften Mal gelb sah (wohl unter Einfluss der im Stadion vorherrschenden Farbgebung), noch vor der Pause auf 2:0 erhöhen konnte. Überaus clever, dass sich Moskito hierfür, nachdem er in den letzten Spielen auch die allergrößten Großchancen verballert hat, mittels Torwartumkurvung selbst in die komfortable Lage versetzen konnte, den Ball nur noch ins leere Tor schieben zu müssen.
Nach der Pause kamen die Aachener durch einen Außenristpass von Demai, der an Freund und Feind vorbei ins Uniongehäuse kullerte, etwas überraschend - dafür umso gewaltiger - zurück ins Spiel. Die Drangperiode der Krüger-Elf konnte Union aber mit Geschick und etwas Glück überstehen. Christian Stuff war es dann vorbehalten, eine Ecke von Mattuschka per Kopf nach 78 Minuten zur Vorentscheidung zu verwerten, ehe es dann noch das Sahnehäubchen dieser Auswärtsfahrt geben sollte: Ein Tor, das eher für Gelächter im Gästeblock als für Torjubel sorgte. 26.000 Menschen hatten gesehen, dass Kenan Sahin einen verunglückten Flankenball erst geschätzte 2 Meter hinter der Seitenauslinie erreichen konnte. Nicht aber die drei Unparteiischen, weswegen sich Sahin, der seinen Lauf eigentlich schon abgebrochen hatte, doch entschloss, den Ball noch in die Mitte zu flanken. Stuckmann hatte sich indes schon ein neues Spielgerät von einem der übermotivierten Aachener Balljungen organisiert (sollte Sepp Blatter jemals auf die Idee kommen, unser geliebte Sport könnte attraktiver werden, sobald sich 2 oder 3 Bälle gleichzeitig auf dem Rasen befinden, die Balljungs in Aachen wären schon drauf vorbereitet!) und zum Abschlag bereit gelegt. Und Mosquera machte das, was er schon in Halbzeit eins glänzend erledigte: Den Ball ins leere Tor befördern. Ein Erfolgsrezept, das er gerne bereits im nächsten Heimspiel gegen den FSV Frankfurt wieder anwenden darf. Ich freu mich schon drauf, auch weil ich keine 11,5 Stunden bis nach Hause brauche. Und weil das "Stadion an der Alten Försterei" immernoch das "Stadion an der Alten Försterei" ist und nicht bloß so heißt... Eisern!
