Road to Super Bowl - Teil 1: Cam NewtonIch hab in dieser Saison relativ wenig Zeit und Antrieb gehabt, viel im Laufe der Saison zu schreiben, obwohl in diesem Jahr der Sport sogar im Free TV lief und sehr ausführlich berichtet wurde. Aber so kurz vor dem Super Bowl könnte man viellecit doch wieder etwas einsteigen. Und weil hier schon Einwände gegen Cam Newton kamen, fange ich mal mit einer Spielervorstellung aus Sicht eines Fans an.
Der Sportler Cam NewtonWenn es eine Definition für Athlet in der NFL gäbe, wenn es eine Definition von Gewinner in diesem Sport gäbe - man könnte Cam Newton als Prototyp für beides verwenden. Die reine Aufzählung seiner sportlichen Erfolge beinhaltet eine National Championship am College in Auburn, eine Heisman Trophy, eine Junior-College-Meisterschaft, eine Offensive Rookie of the Year Auszeichnung in der NFL, drei Pro Bowl-Nominierungen in 5 Jahren und diverse NFL- und NCAA Rekorde (so zum Bsp. die höchste Anzahl an Rushing TDs eines Quarterbacks in einer Saison - 14).
Wenn man behauptet, Cams Weg an die Spitze der NFL verlief schnurgerade, stimmt das nur teilweise. Er kam zwarcals 5-Star-Recruit aus der Highschool ans College nach Florida, musste dort jedoch im ersten Jahr hinter Tim Tebow die Bank drücken und verpasste die zweite Saison verletzt. Nach einigen Vorfällen neben dem Platz (später mehr), wechselte er an ein Junior College um dann ein Jahr (und einen National JuCo-Titel )später nach Auburn zu gehen. Der Punkt, seitdem ich seine Karriere verfolge, denn dieses Jahr in Auburn war phänomenal. Cam feuerte Raketenpässe raus, Cam rannte gegnerische Defensiven in Grund und Boden, er beendete die Saison mit 2.800 passyards und 1.400 rushing yards, dazu 30 Pass-Touchdowns, 20 rushing-TDs und einem receiving (!!!)-TD. Und natürlich viel wichtiger: Er beendete das Jahr mit der Heisman Trophy und einer weiteren nationalen Meisterschaft.
Ich hatte ihm damals hier im Forum eine große NFL-Karriere vorhergesagt - aber was weiß ich schon. Viele Experten sahen in ihm kein NFL-Potential. Man bemängelte seine Präzision im Passpiel, man befürchtete viele Verletzungen aufgrund seines Lauflastigen Spiels, man sagte voraus, dass er dieses Laufspiel so in der NFL nicht dutchziehen könnte und man hatte Charakter-Bedenken. Alles valide Punkte. Aber die Carolina Panthers - zu dem Zeitpunkt mi einer 2-14 Bilanz das schlechteste Team der NFL - gingen das Risiko ein und pickten ihn im NFL drafz 2011 an Nr.1. Eine Entscheidung, die sie seitdem nicht bereut haben dürften. Bereits in seinem ersten Spiel warf er für 420 yards (Rookie-Rekord), lies im zweiten Spiel wieder 400 yards folgen und lies seine Kritiker schnell verstummen. Beide Spiele wurden knapp verloren, genau wie einige weitere in dieser Saison. Aber die 6-10 Bilanz am Ende der Saison war definitiv ein Fortschritt für die Panthers. Dazu kam, dass Carolina mit einer grottenmäßigen Defense viel kaputt machte, was der junge Rookie-QB mit der Offense aufgebaut hatte.
Seitdem haben sich die Panthers zu einer Defensiv-Macht entwickelt und Newton hat an seinen Schwächen gearbeitet. Die 4.000 passing yards aus seiner ersten Saison hat er in einem eher lauflastigen Offensivsystem nie wieder erreichen können, an seinen Schwächen hat er aber massiv gearbeitet. Zwei Jahre später folgte dann der erste Playoff-Einzug. Mit einer 13-3 Bilanz ging man als zweitbestes Team der NFC direkt in die Divisional Runde um dort gegen ein 49ers Team in der Blüte seiner Zeit den kürzeren zu ziehen. Letzte Saison gelang in einer schwachen NFC South der zweite Division-Sieg in Folge, mit dem Sieg gegen ein angeschlagenes Cardinals-Team konnte Newton seinen ersten Playoff-Sieg einfahren um sich dann eine Runde später gegen die Seahawks zu verabschieden. Und nun diese fast ungeschlagene Rekordsaison mit den Playoff-Siegen gegen Seattle und Arizona und dem Super Bowl Einzug.
Momentan ist Newton klarer MVP-Kandidat. Seine Pässe kommen manchmal immer noch etwas ungenau, aber das stellt sicher die Ausnahme dar. Hinter einer (vor der Saison) als suspekt angesehenen O-Line mit Receivern, die maximal zum Mittelmaß der Liga gehören und mit einem engschlagenen Running Back schafft er es trotzdem ein attraktives und schwer zu stoppendes Offensivspiel auf die Beine zu stellen. Er hat in dieser Saison den letzten Schritt vom schlampigen Talent zum offensiven Leader vollzogen. Und trotz einer seit 3 Jahren sehr guten Defense - er ist das Gesicht der Franchise und ohne ihn wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen. Jetzt fehlt nur noch der letzte Schritt...
Cam Newton neben dem PlatzIch schrieb vorhin von Charakter-Bedenken. Diese stammen hauptsächlich aus seiner College-Zeit. In Florida flog er raus, weil er einen gestohlenen Laptop kaufte und - als die Polizei bei ihm vor der Tür stand - diesen einfach aus dem Fenster entsorgen wollte. In Auburn war er in einen Pay-for-Play-Skandal verwickelt, weil (offiziell) sein Vater bei seinem Wechsel vom Junior College bei diversen Unis einen sechsstelligen Betrag für "die Dienste" seines Sohnes verlangt hat. Dazu kam sein extrovertiertes Verhalten auf und neben dem Platz. Mit vielen Sympathiepunkten ist er sicher nicht in die NFL gewechselt.
Aber er hat sich auch in diesem Punkt gewandelt. Ja - auf dem Platz ist er immer noch Showman und sehr extrovertiert. Aber Skandale gab es keine mehr. Die NFL wählte in im zweiten Jahr sogar als Gesicht ihrer "Play60-Kampagne" aus, im dazugeörigen
Werbespot nahm er sich dabei kräftig auf die Schippe. Seit seiner Rookie-Saison existiert bereits seine Cam-Newton-Foundation, die sich um benachteiligte Kids kümmert. In seiner freien Zeit ist er immer wieder auf Charity-Events vertreten. Die NFL nutzt seine Arbeit auch immer wieder, um sich in ein gutes Licht zu rücken, was sie angesichts der negativen Schlagzeilen, die andere ihrer Spieler produzieren, auch gut gebrauchen kann. Seine Reife hat er auch im letzten Jahr bewiesen. Satt das Leben eines NFL-Profis in der Offseason zu genießen, erfüllte Cam seiner Mutter einen Wunsch und holte den College-Abschluss nach, den er aufgrund seines vorzeitigen Wechsels in die NFL 2011 nicht machen konnte.
Auf dem Platz ist er weiterhin ein Showman, aber auch das hat nach meinem Empfinden anbgenommen. Wobei es das nicht muss, viele seiner Kollegen stellen sich auf dem Platz ähnlich dar, das gehört zum Business. Dafür hat er an der Sideline ebenfalls eine Wandlung vollzogen. Zu Beginn seiner NFL-Karriere saß er oft deprimiert und ruhig mit einem Handtuch über dem Kopf auf der Bank und schien mit seinem Team zu verzweifeln. Jetzt pusht er es, ist er ein Leader, motiviert und lobt Mitspieler nach guten Plays und munter Teamkammeraden nach Fehlern und unglücklichen Spielzügen auf. Auch wenn ich mich wiederhole - er ist das Gesicht seiner Franchise. Und deshalb - so sehr ich Peyton Manning seinen zweiten Ring auch gönnen würde - hoffe ich, dass er nach fünf Jahren in der Liga seinen ersten Super Bowl Ring einfährt. Was für einen #1-Draftpick auch schon wieder rekordverdächtig wäre.